Nach Ausstieg der USA aus Atomabkommen Das Wunder von Teheran bleibt bei Maas’ Iran-Reise aus

Teheran · Heiko Maas hat in seinen 15 Monaten als Außenminister fast 400 000 Flugkilometer zurückgelegt und 38 Länder besucht. In der Nacht zu Montag steuert er in seinem Regierungs-Airbus „Theodor Heuss“ das 39. Land in dem Wissen an, dass dies wohl die schwierigste Station seiner bisherigen Amtszeit wird.

Kurz vor Mitternacht landet Maas in der iranischen Hauptstadt Teheran. Seine Mission: Rettung des Abkommens zur Verhinderung einer iranischen Atombombe, an dem Deutschland zwölf Jahre lang mitverhandelt hat.

Dass die Chancen nicht gut stehen, ist dem SPD-Politiker schon bei der Ankunft klar. Seit die USA vor einem Jahr aus dem Abkommen ausgestiegen sind, ist die Vereinbarung nur noch ein Torso. Wegen der wieder eingesetzten Wirtschaftssanktionen der USA können auch die anderen Vertragsstaaten – allen voran die drei Europäer Deutschland, Großbritannien und Frankreich – das Versprechen wirtschaftlicher Vorteile für den Iran nicht mehr einhalten.

Der Iran dagegen hat die Auflagen für sein Atomprogramm eingehalten und lässt sich das regelmäßig von der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien bestätigen. Entsprechend selbstbewusst und fordernd tritt der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif schon am Tag vor der Ankunft seines Gastes aus Deutschland auf und fordert nachdrücklich konkrete Ergebnisse. „Nicht, dass da wieder gesagt wird, wir haben es versucht, aber es ging nicht.“

24 Stunden später ist zumindest der Ton deutlich sanfter. Sarif begrüßt Maas als „lieben Kollegen und lieben Freund“. Das Gespräch dauert mehr als doppelt so lange wie geplant und Sarif setzt sogar kurzfristig eine Pressekonferenz an. Das hat es bei Gästen aus dem Westen in Teheran seit mehr als zwei Jahren nicht mehr gegeben. Nicht, als der französische Chefdiplomat Jean-Yves Le Drian hier war, und auch nicht, als die britischen Außenminister Boris Johnson und Jeremy Hunt die iranische Hauptstadt besuchten.

Sarif scheint der Mission seines Gastes also doch eine gewisse Bedeutung beizumessen. Der moderate Ton führt aber nicht dazu, dass sich der iranische Außenminister wirklich zu einem Entgegenkommen bereit erklärt. „Die ganzen Spannungen derzeit in der Region basieren ja auf dem Wirtschaftskrieg von Herrn Trump gegen den Iran“, sagt er. Eine Lösung und Deeskalation könne nur erreicht werden, „wenn dieser Krieg beendet wird“.

Die Europäer haben versucht, den Prozess der Auflösung des Abkommens zu stoppen. Hauptproblem ist, dass besonders internationale Banken aus Angst vor US-Strafen keine Wirtschaftsprojekte mit dem Iran finanzieren wollen. Deswegen haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien ein Instrument zur Sicherung des Zahlungsverkehrs entwickelt. Bis heute ist aber keine einzige Transaktion über das System mit dem Namen Instex erfolgt.

Maas hofft zwar, dass sich das bald ändert. Mehr Konkretes hat er in Teheran aber auch nicht im Angebot. Deutschland werde sich weiter um die Erfüllung seiner Verpflichtungen bemühen, sagt er, um im selben Atemzug einzuräumen: „Dabei werden wir keine Wunder bewirken.“

Eigentlich bräuchte es ein solches Wunder, um die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran wieder in die Spur zu bringen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres sind die deutschen Exporte in die Islamische Republik um 50 Prozent auf nur noch rund 339 Millionen Euro eingebrochen, die iranischen Ausfuhren nach Deutschland fielen um fast 42 Prozent.

„Die Sanktionen haben den Iran ins Mark getroffen“, sagt die Geschäftsführerin der Deutsch-Iranischen Industrie und Handelskammer, Dagmar von Bohnstein. Sie ist sicher, dass ein Platzen des Abkommens die Hardliner in Teheran stärken würde – mit unabsehbaren Folgen. „Politisch dürfen wir dieses Land nicht verloren geben.“

Das sieht auch Maas so. In Teheran versucht er gar nicht mehr, dem Iran vorzumachen, dass wirtschaftlich seitens der Europäer noch die ganz großen Sprünge möglich sind. „Aber ich glaube, es gibt auch ein politisches und strategisches Interesse, dieses Abkommen und damit den Dialog mit Europa aufrechtzuerhalten. Und das muss auch in Teheran erkannt werden.“

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