Steuerbetrug Trump-Imperium rückt ins Visier der Ermittler

Washington · Kaum war die Klageschrift gegen den Finanzchef seines Unternehmens verlesen, schaltete Donald Trump auch schon in den Angriffsmodus. Was man gerade erlebe, sei eine Hexenjagd, angezettelt von radikal linken Demokraten, wetterte er.

 Spricht von einer Hexenjagd, angezettelt von radikal linken Demokraten: Ex-US-Präsident Donald Trump.

Spricht von einer Hexenjagd, angezettelt von radikal linken Demokraten: Ex-US-Präsident Donald Trump.

Foto: dpa/Joel Martinez

„Das spaltet unser Land wie nie zuvor.“ Ob den Leuten eigentlich klar sei, was diese radikal linken Staatsanwälte 75 Millionen Wählern und Patrioten antun wollten?

Unschwer erkennen lässt sich das bewährte Verteidigungsmuster des Ex-Präsidenten, ein Muster, das er selber schon oft beschrieben hat. Greife man ihn an, schlage er umso härter zurück, lautet seine Maxime. Auch die Vokabeln sind nur allzu vertraut. Als Hexenjagd bezeichnete er bereits die Nachforschungen, mit denen der ehemalige FBI-Direktor Robert Mueller dem Verdacht geheimer Absprachen seines Wahlkampfteams mit der russischen Regierung auf den Grund gehen wollte. Die Wortkeule „radikale Linke“ schwang er bei dem Versuch, die Demokratische Partei zu einer Art Sekte zu stempeln, die den Sozialismus und damit das Ende amerikanischen Wohlstands ansteuere. Dass im vergangenen November fast 75 Millionen Wähler für ihn stimmten, mehr als vier Jahre zuvor, nahm er als Beleg dafür, dass Joe Biden das Votum unmöglich gewonnen haben konnte.

Acht Monate nach der Niederlage an den Urnen folgt Trump dem alten Drehbuch. Den Juristen, die sein Unternehmen unter die Lupe nehmen – beide sind dem Parteibuch nach Demokraten – unterstellt er rein politische Motive. Der eine ist Cyrus Vance jr., Sohn eines früheren Außenministers, der noch bis Dezember die Staatsanwaltschaft Manhattans leitet. Die andere ist Letitia James, Generalstaatsanwältin des Bundesstaats New York. Was beide bisher an Material sammelten, führte am Donnerstag zu einer ersten Anklage. Dem Chief Financial Officer (CFO) der Trump-Organisation, Allen Weisselberg, wird zur Last gelegt, von 2005 bis Juni 2021 mehrere Hunderttausend Dollar an Steuern hinterzogen zu haben. In dieser Zeit soll er geldwerte Vorteile in Höhe von 1,76 Millionen Dollar erhalten haben, die er dem Finanzamt verschwieg. Die Miete für ein Apartment in Manhattan, Privatschulgebühren für zwei seiner Enkel, die Raten für zwei geleaste Mercedes-Limousinen, Betten, Fernseher und Teppiche, um eine Zweitwohnung in Florida auszustatten – das alles zahlte sein Arbeitgeber. Offenbar war es kein Einzelfall, sondern Teil eines ausgeklügelten Modells.

Im Raum steht die Frage, ob der Strafantrag gegen Weisselberg nur das erste Glied einer Kette ist, an deren Ende juristische Schritte gegen den Altpräsidenten stehen. Weder Donald Trump noch seine drei bei ihm beschäftigten Kinder, Donald jr., Eric und Ivanka, werden in dem 24-Seiten-Papier als Tatverdächtige genannt. Allerdings betont Vance, sein Büro untersuche weiter, es folge den Fakten, „wohin auch immer sie uns führen“. Dass der Mann an der Spitze nicht eingeweiht war, halten Insider für unwahrscheinlich.

Auf einem anderen Blatt steht freilich, ob sich potenzielle Straftaten auch nachweisen lassen. Folgt man Eingeweihten wie Cohen, operiert Trump lieber mit mündlichen Anweisungen als mit schriftlichen. Finden die Ermittler keine Belege dafür, dass er Weisselbergs Steuerhinterziehungsmodell absegnete, könnte er sich darauf hinausreden, dass sein CFO auf eigene Faust handelte. Und ob der, etwa in der Hoffnung auf richterliche Milde, gegen Trump aussagt, ist völlig ungewiss. Weisselberg, heißt es, bewundere den Milliardär. Nur: Auf schweren Diebstahl, den zentralen Vorwurf gegen ihn, stehen bis zu 15 Jahre Gefängnis. Allen Weisselberg werde seine goldenen Jahre sicher nicht hinter Gittern verbringen wollen, hatte Cohen bereits vor Monaten orakelt.

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