"Auch ein wirtschatflicher Aspekt"

Saarbrücken · Unkraut vergeht nicht. Das wissen die Bauern im Saarland nur allzu gut. Doch hilft dagegen nur Glyphosat? Das fragte SZ-Redaktionsmitglied Fatima Abbas den Vize-Präsidenten des Bauernverbands Saar, Peter Hoffmann.

Herr Hoffmann, wie viele Landwirte verwenden im Saarland Glyphosat und in welchem Umfang?

Hoffmann: Das kann man nicht so genau erheben. Jeder Ackerbauer wird es irgendwann einmal genutzt haben. Man kann davon ausgehen, dass auf fünf bis zehn Prozent der Ackerfläche im Saarland Glyphosat zum Einsatz kommt.

Gibt es keine Alternative?

Hoffmann: Es gibt derzeit kein Produkt, das so viele Vorteile hat. Und der Unkraut-Druck ist groß. Es gibt Unkraut, das sich nicht anders bekämpfen lässt. Glyphosat hilft auch, die Reife vor der Ernte zu beschleunigen. Das heißt in der Fachsprache Sikkation. Die Pflanze kann durch den Einsatz von Glyphosat früher geerntet werden. So verhindert man einen Ernteausfall, weil einige Pflanzen früher reif werden als andere und dann alles gemeinsam geerntet werden kann.

Aber die Ernte ist doch dann mit Glyphosat verseucht, oder?

Hoffmann: Ja, und daher sind wir als Bauernverband auch gegen die Sikkation. Aber das war im Saarland ohnehin nie ein Thema. Ich bin selbst Ackerbauer und für uns Landwirte gilt: Glyphosat ist die Ultima Ratio.

Trotzdem kommt es regelmäßig zum Einsatz...

Es wird in der Regel nach der Ernte gespritzt, um die Äcker zu reinigen. Das betrifft dann nicht mehr die Pflanzen, die danach angebaut werden, da das Herbizid nach ein paar Stunden zersetzt wird und nicht als Glyphosat im Boden verbleibt.

Wieso kann der Acker nicht einfach gepflügt werden, um das Unkraut loszuwerden? Das wurde doch jahrhundertelang erfolgreich praktiziert, ganz ohne Chemie.

Hoffmann: Das Hauptproblem beim Pflügen ist die Erosion. Das heißt, dass die fruchtbare Bodenschicht, die sehr dünn ist, bei Regen einfach weggeschwemmt wird. Deshalb ist Pflügen auf einigen Flächen sogar verboten. Und es ist auch ein wirtschaftlicher Aspekt. Um 10 000 Quadratmeter, also einen Hektar Land, zu bepflügen, sind Sie drei bis vier Stunden beschäftigt und verbrauchen möglicherweise 100 Liter Diesel. Das kostet auch Arbeitskraft. Der Glyphosat-Verbrauch auf gleicher Fläche beträgt gerade einmal zwei Liter und kostet 25 Euro.

Glyphosat wurde bei 48 Abgeordneten im Urin nachgewiesen und die WHO stuft das Produkt als "wahrscheinlich krebserregend" ein. Sind Sie nicht besorgt?

Hoffmann: Klar ist: Glyphosat gehört nicht in den Körper. Und sollte sich zweifelsfrei herausstellen, dass es krebserregend ist, gehört es auch abgeschafft. Es muss dann aber weltweit verboten werden und nicht nur deutschland- oder saarlandweit. Ohne Glyphosat wäre derzeit die Welternährung nicht mehr gesichert. In einigen Regionen, vor allem in Amerika, ist das Herbizid unverzichtbar. Ein Verbot von heute auf morgen wäre dort schlicht unmöglich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort