Assad plant Wahl-Farce
Damaskus · Landesweit tobt ein blutiger Bürgerkrieg. Dennoch kündigt Syrien Präsidentenwahlen an. Präsident Assad wird wohl als Einziger kandidieren. Denn die Opposition ist im Ausland oder im bewaffneten Kampf.
Trotz blutigen Bürgerkriegs und der Flucht von Millionen Menschen hat die Regierung in Damaskus für den 3. Juni Präsidentenwahlen angekündigt. Den Termin gab das Staatsfernsehen gestern unter Berufung auf Parlamentspräsident Dschihad al-Laham bekannt. Staatschef Baschar al-Assad will erneut antreten. Beobachter gehen davon aus, dass er der einzige Kandidat bleibt.
Am Ostersonntag besuchte Assad die Christen-Enklave Maalula bei Damaskus, wie Staatsmedien berichteten. Die für ihre historischen Klöster und Kirchen bekannte Ortschaft war mehrere Monate von teils islamistischen Rebellen beherrscht worden, bevor sie vor knapp einer Woche von Regierungstruppen zurückerobert wurde. Die christliche Minderheit steht im syrischen Bürgerkrieg zwischen den Fronten; viele sehen Assad als Beschützer vor den Islamisten an. Immer wieder werden Christen verschleppt und getötet.
Für die Präsidentenwahl können sich Kandidaten von heute an registrieren lassen. Die Frist endet am 1. Mai. Wie die Abstimmung konkret verlaufen soll, ist allerdings unklar. Denn seit Beginn des Aufstands gegen Assad im März 2011 sind viele Regionen von Rebellen erobert worden. Regimegegner fordern einen bedingungslosen Rückzug Assads. Prominente Oppositionsaktivisten dürften außerdem - selbst wenn sie antreten wollten - von der Kandidatur ausgeschlossen sein. Laut Wahlrecht müssen alle Kandidaten in den vergangenen zehn Jahren in Syrien gelebt haben. Viele Oppositionelle waren jedoch ins Exil gegangen.
Kurz bevor der Termin für die Präsidentenwahl bekannt gegeben wurde, schlugen von Rebellen abgefeuerte Mörsergranaten nur wenige hundert Meter vom Parlamentsgebäude entfernt in Damaskus ein. Laut staatlicher Agentur Sana wurden zwei Menschen getötet. Insgesamt hat der syrische Bürgerkrieg Schätzungen zufolge mehr als 150 000 Menschen das Leben gekostet. Die USA warfen dem Regime gestern erneut den Einsatz giftiger Chemikalien vor. Es handele sich vermutlich um Chlorgas, das gegen das von der Opposition kontrollierte Dorf Kafr Zita eingesetzt worden sei, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums.
Vier in Syrien entführte französische Journalisten kamen derweil nach rund zehn Monaten in Geiselhaft wieder frei. Die Männer waren nach Informationen von Aktivisten in den Händen einer radikalen Islamistengruppe. Für die Befreiung der Geiseln seien hohe Geldsummen bezahlt worden, hieß es.