Anklage gegen Zschäpe

Karlsruhe/Berlin. Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe muss sich wegen Mordes als Mitglied der Zwickauer Terrorzelle vor Gericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft erhob Anklage gegen die 37-Jährige

 Beate Zschäpe ist laut Anklageschrift des Generalbundesanwalts als Mittäterin der Terrorzelle verantwortlich. Foto: dpa

Beate Zschäpe ist laut Anklageschrift des Generalbundesanwalts als Mittäterin der Terrorzelle verantwortlich. Foto: dpa

Karlsruhe/Berlin. Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe muss sich wegen Mordes als Mitglied der Zwickauer Terrorzelle vor Gericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft erhob Anklage gegen die 37-Jährige. Zschäpe sei nicht nur Mitglied der Organisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gewesen, sondern selbst als Mittäterin verantwortlich, sagte Generalbundesanwalt Harald Range gestern in Karlsruhe.Neben Zschäpe sind auch vier mutmaßliche Unterstützer und Helfer der sogenannten Zwickauer Zelle vor dem Oberlandesgericht München angeklagt, darunter der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Zschäpe ist die einzige Überlebende des Trios. Ihre mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt töteten sich selbst.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wertete die Anklage - ein Jahr nach dem Auffliegen der Terrorzelle - als Zeichen für die fortschreitende Aufklärung der Neonazi-Mordserie. Der NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag erhofft sich durch den Prozess gegen Zschäpe neue Impulse für die Aufarbeitung.

Die Anklage wirft Zschäpe Mittäterschaft bei sämtlichen Taten des NSU vor: neun Morde an Geschäftsleuten türkischer und griechischer Herkunft, den Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn 2007 und zwei Bombenanschläge in Köln, bei denen mehr als 20 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden. Auch bei den 15 Banküberfällen, die der Gruppe zugerechnet werden, sei sie Mittäterin gewesen. Darüber hinaus lautet die Anklage auf Mordversuch wegen der Brandstiftung in der letzten gemeinsamen Wohnung des Trios in Zwickau: Sie habe in Kauf genommen, dass dabei eine Nachbarin und zwei Handwerker hätten ums Leben kommen können.

Der 37-jährige Wohlleben und der 32 Jahre alte Carsten S. wurden wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Sie sollen die Pistole des Typs "Ceska 83" beschafft haben, die bei der Mordserie verwendet wurde. Außerdem wurden André E. (33) und Holger G. (38) als mutmaßliche Unterstützer angeklagt.

Der Ausschuss beriet gestern über die Rolle des Militärischen Abschirmdienstes im Fall NSU. Der frühere Chef der Abteilung Rechtsextremismus beim MAD, Dieter Huth, räumte in der Sitzung ein, die Bundeswehr habe jahrelang Rechtsextreme in ihren Reihen geduldet. Bis zum Ende der 90er Jahre seien Wehrpflichtige mit rechter Gesinnung in der Regel nicht entlassen worden.

Die Abgeordneten kritisierten die Praxis und beklagten auch, dass Hinweise auf die Zwickauer Terrorzelle beim MAD gelandet, aber später nicht weiterverfolgt worden seien. Mehrere Parlamentarier stellten die Existenzberechtigung des MAD infrage. dpa

Meinung

Das juristische Nachspiel

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Angesichts der Anklagepunkte und der zur Last gelegten Taten wird der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer der Zwickauer Terrorzelle einer werden, der Geschichte schreiben wird. Endlich beginnt auch das juristische Nachspiel der unfassbaren Mordserie. Lange genug hat es gedauert, obwohl die Taten seit einem Jahr bekannt gewesen sind und die Verdächtigen rasch ermittelt wurden. Grund dafür dürfte vor allem der Umfang des Verfahrens und die bis dahin jahrelang gescheiterten Ermittlungen sein. Die Aufarbeitung geht nun in eine weitere Runde. Denn jetzt müssen Staatsanwälte und Richter versuchen, im Prozess die Hintergründe der Morde zu durchleuchten, damit am Ende Recht gesprochen werden kann.

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