Altmaiers Schlacht um die Windkraft
Bisher werde er ja immer als der "nette Herr Altmaier" wahrgenommen, erzählt Peter Altmaier im überfüllten Innenhof des Bundesumweltministeriums. Er könne aber auch anders. Seine erste Ministerphase als Gute-Laune-Mensch und wandelnder Vermittlungsausschuss erklärt er am Donnerstag indirekt für beendet
Bisher werde er ja immer als der "nette Herr Altmaier" wahrgenommen, erzählt Peter Altmaier im überfüllten Innenhof des Bundesumweltministeriums. Er könne aber auch anders. Seine erste Ministerphase als Gute-Laune-Mensch und wandelnder Vermittlungsausschuss erklärt er am Donnerstag indirekt für beendet. Der drohende Strompreisanstieg um bis zu zehn Prozent lässt ihn eine andere Seite zeigen. Für eine grundlegende Energiewende-Reform kann er mehr Härte gut gebrauchen.Altmaiers Plan ist ambitioniert: Er will den Ausbau der erneuerbaren Energien noch forcieren und ein Ziel von 40 Prozent Ökostrom bis 2020 gesetzlich festschreiben, statt bisher 35 Prozent. 2050 sollen es sogar 80 Prozent sein. Die Energiewende soll so unumkehrbar sein. Deshalb stellt der Saarländer gleich klar: Wer versuche, die Energiewende zu torpedieren, "der wird es mit diesem Umweltminister zu tun bekommen".
Aber wieso ist der Ausbau der erneuerbaren Energien plötzlich überhaupt ein Problem? Weil er schneller verläuft als erwartet. Derzeit sind 25 Prozent des Stroms schon "öko". Das von der rot-grünen Regierung im Jahr 2000 verabschiedete Erneuerbare-Energien-Gesetz gibt für die Einspeisung von Wind-, Solar- und Biostrom auf 20 Jahre eine Festpreisgarantie, die deutlich über den normalen Herstellungspreisen liegt. Damit sollte der Markt angereizt werden. Zwar sind die Vergütungssätze mehrfach gesenkt worden, doch lohnt sich das Geschäft immer noch so sehr, dass wild investiert wird. Folge: Jetzt laufen die Kosten aus dem Ruder - allein für Sonnenstrom sind schon Verpflichtungen von rund 100 Milliarden Euro eingegangen worden. Die dafür von allen Stromkunden zu zahlende Ökostromumlage, die 2004 mit 0,41 Cent je Kilowattstunde begann, beträgt derzeit 3,6 Cent und wird voraussichtlich 2013 auf 5,4 Cent steigen.
Die Lösung: Altmaier will sich nun in den Kampf mit Ökostrom-Lobbyisten, Umweltverbänden und Ministerpräsidenten stürzen und ihnen feste Quoten unter anderem für Wind und Biomasse abringen. Bei der Photovoltaik gilt eine solche Begrenzung von 52 Gigawatt seit dem letzten Sommer schon. Wenn diese Menge erreicht ist - derzeit sind 30 Gigawatt installiert -, soll die Fördrung entfallen. Es müsse mehr Berechenbarkeit her, wieviel Ökostrom Jahr für Jahr gefördert wird, um nicht alljährlich im Oktober bei Bekanntgabe der Ökostrom-Umlage für das nächste Jahr eine böse Überraschung zu erleben. Altmaiers Problem: Die Energieversorgung wird immer dezentraler, die Macht der Energiekonzerne schwindet. Bauern werden derzeit zu Energiewirten und verdienen gutes Geld mit Biogas- und Solaranlagen. Hausbesitzer freuen sich, wenn die Sonne scheint und ihre Photovoltaikanlagen auf dem Dach Strom produzieren - die Renditen zahlt aber auch der Hartz-IV-Empfänger über den Strompreis.
Da also immer mehr Menschen zu den Profiteuren gehören, fallen starke Kürzungen der Vergütungen so schwer, ebenso eine Steuerung oder Begrenzung des Ausbaus. Denn das sind alles Wählerstimmen. Doch mit einem System, das einseitig Kosten zu Lasten der Stromverbraucher umverteilt, droht eine zunehmende soziale Schieflage bei dem Mammutprojekt - das weiß auch Altmaier. Doch nun muss er sich anhören, er schwinge sich zum Bremser der Energiewende auf.
Christoph Bals, Geschäftsführer von Germanwatch, hält eine Windausbau-Deckelung mit Blick auf fehlende Netze für falsch. "Gerade die Dynamik beim Ausbau erzeugt den notwendigen Druck auf den Netzausbau", meint Bals.
Altmaier bezeichnet es als einen grundlegenden Fehler des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), dass nicht alle Bürger von immer mehr Wind- und Solarparks profitieren - das will er beim Ausbau der Stromnetze grundlegend ändern. Ab 500 Euro sollen die Bürger sich beteiligen können - und für das Leihen von Kapital eine garantierte Rendite von jährlich fünf Prozent über 20 Jahre bekommen.
In der schwarz-gelben Koalition birgt der Umgang mit den steigenden Kosten Zündstoff. Gerade die Subventionierung des grünen Stroms soll schnellstmöglich enden. "Wer die Strompreise langfristig in den Griff bekommen will, muss radikal ran an das Erneuerbare-Energien-Gesetz", sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FPD). Und was sagt die Opposition? SPD und Grüne wollen den Ökostrom eher noch stärker fördern. Altmaier dämpfte daher die Erwartungen an eine schnelle Lösung. Es gehe "Gründlichkeit vor Schnelligkeit".