Als die Hölle ausbrach

Auf Fernsehbildern sieht man Tote am Strand liegen. Darunter ein Mann mit blauer Badehose. Das Gesicht im Sand. Blutspuren drumherum. Oben am blauen Himmel von Tunesiens Touri stenoase Sousse strahlt die Sonne.

Unten am Meer ein Horrorszenario. Der Tag begann mit traumhaftem Badewetter. Hunderte von Touristen gingen nach dem Frühstück mit Badetasche aus den beiden nahen Hotels, in denen auch Deutsche untergebracht waren, zum Strand. Dösten im Schatten unter strohgedeckten Sonnenschirmen. Bis plötzlich gegen zwölf Uhr mittags die Hölle ausbrach. Schüsse peitschen auf. Mindestens ein Bewaffneter feuert wahllos auf die Menschen. Eine britische Touristin, die sich etwas weiter entfernt vom Tatort am Strand aufhielt, berichtete im Radiosender BBC: "Wir dachten erst, dass es sich um Feuerwerk handeln würde - bis die Leute schrien und wegrannten."

Der Angriff auf das Hotel "Imperial Marhaba" in Sousse - 120 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Tunis - geht nach Angaben des tunesischen Innenministeriums auf das Konto von zwei Terroristen . Später war von einem Schützen die Rede, einem tunesischen Studenten, den Sicherheitskräfte töteten. Die Rolle des zweiten mutmaßlichen Täters, der nach offiziellen Angaben festgenommen wurde, blieb unklar. Nach Angaben von Augenzeugen begann der Überfall am belebten Strand. Dort lagen auch nach Stunden noch Leichen von Urlaubern, von Handtüchern bedeckt.

Lokale Medien melden später, zwei Terroristen seien von der Strandseite aus auf das Hotelgelände vorgedrungen. Einer habe plötzlich aus einem zusammengefalteten Sonnenschirm ein Sturmgewehr hervorgeholt und auf Menschen geschossen, die am Strand gelegen hätten. In einem Feuergefecht hätten Sicherheitskräfte einen Angreifer getötet und später zahlreiche Sturmgewehre beschlagnahmt, hieß es aus Sicherheitskreisen in Tunesien. Es wird vermutet, dass es sich bei den Angreifern um radikale Islamisten aus dem Dunstkreis der internationalen Terrorgruppen IS oder Al-Qaida handelt.

Eine erste knappe Bilanz des tunesischen Innenministeriums macht klar, dass es sich um einen der schlimmsten Terroranschläge der Landesgeschichte handelte. Mindestens 37 Menschen sind bei dem Anschlag getötet worden. Auch Deutsche und Briten sollen darunter sein. Die meisten Opfer seien ausländische Touristen , hieß es.

Die Europäer stellen rund die Hälfte der nach Tunesien kommenden Urlauber . Vor allem die Deutschen und die Franzosen reisen gerne nach Tunesien, das mit günstigen Preisen lockt und im vergangenen Jahr sechs Millionen ausländische Urlauber aufnahm.

Doch bereits nach dem letzten großen Terrorschock vor gut drei Monaten, am 18. März, sind es deutlich weniger Feriengäste geworden. Damals griff ein islamistisches Terrorkommando das berühmte Bardo-Nationalmuseum in Tunesiens Hauptstadt Tunis an. Feuerte wahllos auf Urlauber , die mit Kreuzfahrtschiffen gekommen waren und sich per Bus auf einer Stadtrundfahrt befanden. 20 Urlauber starben damals.

Der Terror zog durch Tunesien bereits eine lange Blutspur: Vor inzwischen 13 Jahren, am 11. April 2002, hatten Terroristen ebenfalls eine Reisegruppe angegriffen, welche auf der bekannten Urlaubsinsel Djerba eine Synagoge besichtigte. Damals wurden 21 Menschen getötet, 14 aus Deutschland. Der aktuelle Terrorschauplatz Sousse ist einer der bekanntesten Touristenorte Tunesiens und liegt rund 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Tunis. Bereits im Herbst 2013 hatte ein Kamikaze-Attentäter mit einem Bombenkoffer versucht, in ein großes Hotel in Sousse eindringen.

Westliche Regierungen weisen schon länger darauf hin, dass Urlauber in Tunesien und insgesamt in ganz Nordafrika wachsam sein sollten. Die terroristische Attacke traf Tunesien, wo es am meisten weh tut: Im Rückgrat der Wirtschaft. Das Feriengeschäft machte nach Angaben der Regierung im vergangenen Jahr über 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Es ist wichtigster Jobmotor und Devisenbringer des Landes, in dem Tourismus für viele die einzige Hoffnung auf ein besseres Leben ist.

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