Alles fließt: So hilft Yoga gegen den Herbst-Blues

Satte Farben, köstliche reife Früchte und der typisch erdige Duft zieren die Natur im Herbst. Kaum eine Jahreszeit ist so sinnlich - mit ihrer Schönheit, die winterliche Tristesse ankündigt

Satte Farben, köstliche reife Früchte und der typisch erdige Duft zieren die Natur im Herbst. Kaum eine Jahreszeit ist so sinnlich - mit ihrer Schönheit, die winterliche Tristesse ankündigt. Für unserer Organismus ist der Herbst eine wichtige Phase, die auf Rückzug und Wandel einstimmt: Während sich manche Tiere auf den Winterschlaf vorbereiten, stellt sich der menschliche Körper auf Kälte und Dunkelheit ein.

Viele Menschen ignorieren diese Bedürfnisse im hektischen Alltag der westlichen Gesellschaft - mit fatalen Folgen: Wer sich dem Rhythmus der Natur verweigert, büßt langfristig viel Energie ein. In ihrem Buch "Mein Yoga-Jahr", das nun erscheint, widmet sich die Yoga-Lehrerin Christiane Wolff genau diesem Thema. "Wir können heutzutage im Winter Kirschen essen und die Temperaturen dank Heizung auf Sommer stellen - das führt zu einem Ungleichgewicht der natürlichen Zyklen des Körpers", erklärt die Autorin. So gehe den Menschen die natürliche Sicht auf das Leben verloren.

"Viele Menschen empfinden im Herbst depressive Stimmungen, ohne genau zu wissen, warum. Wer aber mit der inneren Einstellung lebt, dass es in dieser Jahreszeit im Einklang mit der Natur darauf ankommt, sich mehr nach innen zu wenden, kann den Herbst positiv nutzen", erklärt Christiane Wolff. Yoga kann uns dabei helfen, indem die Schwingungen der Übungsabfolgen an die Bewegung der Natur angepasst werden - etwa an die kräftige Sonne im Sommer oder an den starken Herbstwind. Wer sein Yoga-Programm je nach Jahreszeit variiert, gewinnt deshalb an Lebensqualität. Im Herbst steht laut Wolff der Wandel im Vordergrund: "Es ist Zeit zu sammeln, zu sortieren und sich auf den Winter vorzubereiten", beschreibt die Autorin die natürlichen Anforderungen der dritten Jahreszeit.

"Das verlangt Regeln und Organisation, aber auch Achtsamkeit für das innere Erleben nach dem Sommer, der qualitativ eher nach außen gerichtet ist." Für den Herbst empfiehlt sie vor allem lang gehaltene Dehnungen sowie Drehungen der Wirbelsäule, die helfen, den Fokus nach innen zu richten. Begleitend sollte der Yogi seine Achtsamkeit durch Atemübungen und sogenannte Mudra-Flows, fließenden Handgesten, fördern. Dass Yoga in Harmonie mit den Jahreszeiten praktiziert werden sollte, propagiert auch "Chi Yoga".

Bei diesem relativ jungen Yoga-Stil handelt es sich um fließendes Hatha-Yoga, das das traditionelle indische Yoga in die heutige Zeit übersetzt und auf die Bedürfnisse des modernen Menschen in der westlichen Gesellschaft ausrichtet. Das Besondere bei Chi Yoga ist aber die Synthese von taoistischem Gedankengut und der Yoga-Philosophie: In den taoistischen Schriften wird empfohlen, den Rhythmen der Natur zu folgen."Da es in der Natur nichts Statisches gibt, macht ein immer gleich bleibendes Übungsprogramm wenig Sinn. Deshalb werden auch im Chi Yoga unterschiedliche Schwerpunkte je nach Jahreszeit gesetzt", erklärt die Schweizer Yoga-Lehrerin und Autorin Lucia Nirmala Schmidt. Dieses Prinzip beschreibt sie in ihrem Buch "Chi Yoga: Sanftes Workout für Körper, Geist und Seele". Hier stehen die Jahreszeiten und ihre entsprechenden Übungsabfolgen im Vordergrund: Erneuerung im Frühjahr, Leben aus der Fülle im Sommer, Loslassen im Herbst, Kräftesammeln im Winter.

Von etwa Mitte September bis November liegt der Fokus laut Schmidt auf leichten Bewegungen, die besonders den Brustkorb dehnen und damit das Ausatmen, das Loslassen, stärken. Stehende, sitzende und liegende Asanas werden im Herbst-Programm in ausgewogenem Verhältnis praktiziert und der Schwerpunkt liegt auf der Atmung.

Ein Beispiel für einen typischen Herbst-Flow ist die "Katze" in verschiedenen Variationen: Sie hilft, Kraft im Bauch und im Beckenboden aufzubauen. Die Rotationen halten die Wirbelsäule beweglich, massieren die Bauchorgane und aktivieren so die Verdauung. Allesamt körperliche Prozesse, die eine wesentliche Rolle beim physischen und psychischen Loslassen im Herbst spielen.

Mein Yoga-Jahr: Kraftvoll, ausgeglichen und entspannt im Rhythmus der Natur, Christiane Wolff, 176 Seiten, TriasVerlag, ISBN: 3830436734, 19,95 Euro.

Chi Yoga: Sanftes Workout für Körper, Geist und Seele, Lucia Nirmala Schmidt, 256 Seiten, Lotos-Verlag, ISBN: 3778781855, 17,95 Euro.

Auf einen Blick

Asanas: Körperhaltungen. Viele der Asanas sind nach Tieren benannt, etwa "Hund" oder "Kobra", andere nach der Bewegung, die ausgeführt werden soll, zum Beispiel "Diagonale Dehnung" oder "Vorbeuge im Sitz".

Ashtanga-Yoga: indisches Yoga-System. Das Ashtanga- oder auch Vinyasa-Yoga zählt zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Yoga-Systemen, da es große körperliche Fitness erfordert.

Chakren: Energiezentren des Körpers. Die sieben Haupt-Chakren sind nach der Yoga-Philosophie entlang der Mittelachse des Menschen angeordnet - vom Scheitel-Chakra an der höchsten Stelle des Kopfes bis zum Wurzel-Chakra am Damm. Jedem Chakra sind Begriffe zugeordnet. Das Herz-Chakra, das auf der Höhe des Herzens liegt, steht unter anderem für Liebe und Heilung.

Hatha-Yoga: Kombination aus Asanas, Atemübungen und Meditation. Hatha-Yoga ist eine der bekanntesten Yoga-Formen. Es wirkt auf den ganzen Menschen, also auf Körper, Seele und Geist. Die meisten Übungen werden langsam ausgeführt und sind für Yoga-Einsteiger geeignet.

Kundalini-Yoga: Yoga-Praxis, die mit der Kundalini-Kraft, die dem Menschen Energie gibt, arbeitet. Kundalini wird auch als Schlangenkraft bezeichnet, denn sie wird mit einer schlafenden Schlange verglichen. Durch die Asanas wird sie aufgeweckt und versorgt den Körper mit frischer Energie. Auch das Sprechen und Singen von Mantren, kurzen Wortfolgen, gehört dazu.

Lotossitz: Sitzende (Meditations-)Haltung mit verschränkten Beinen. Der Lotossitz, die klassische Sitzhaltung beim Yoga, ist der Form einer Lotos-Blüte nachempfunden. Er erfordert vor allem Gelenkigkeit, denn dabei werden auf dem Boden sitzend die Beine verschränkt, der rechte Fuß liegt auf dem linken Oberschenkel, der linke Fuß auf dem rechten Oberschenkel. Die Fersen sollten sich dabei so nah wie möglich bei den Beckenknochen befinden.

Power-Yoga: moderner Yoga-Stil aus den USA. Power-Yoga basiert auf Ashtanga-Yoga und soll positiv auf Fitness und Ausdauer wirken.

Pranayama: Atemübungen des Yoga, die Körper und Geist zusammenführen. Die Aufmerksamkeit für die Atmung ist ein wichtiger Bestandteil des Yoga. Durch die Übungen soll die Atmung bewusste reguliert und vertieft werden.

Sonnengruß: populäre Abfolge von zwölf Asanas. Der Sonnengruß eignet sich morgens als Muntermacher oder zum Aufwärmen am Beginn einer Yogastunde. Die Übungsfolge wirkt belebend auf Körper, Geist und Seele. Sie mobilisiert Gelenke, Muskeln und Bänder.

Viniyoga: Yogaübungen, die an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Viniyoga bedeutet, Yoga so zu üben, wie es den eigenen Bedürfnissen entspricht. tha

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