Alleingang beim Wahlrecht

Berlin. Die schwarz-gelbe Koalition will im Alleingang die überfällige Neuregelung des Wahlrechts durchsetzen. Union und FDP kündigten gestern in Berlin an, in der kommenden Woche mit ihrer Mehrheit ein Gesetz dazu im Parlament zu beschließen. In der Vergangenheit waren Änderungen am Wahlrecht fast immer im Einvernehmen zwischen den Fraktionen beschlossen worden

Berlin. Die schwarz-gelbe Koalition will im Alleingang die überfällige Neuregelung des Wahlrechts durchsetzen. Union und FDP kündigten gestern in Berlin an, in der kommenden Woche mit ihrer Mehrheit ein Gesetz dazu im Parlament zu beschließen. In der Vergangenheit waren Änderungen am Wahlrecht fast immer im Einvernehmen zwischen den Fraktionen beschlossen worden. Ebenso wie Bundestagspräsident Norbert Lammert CDU) hatten auch Verfassungsexperten aufgerufen, eine gemeinsame Lösung zu suchen. Die Opposition will vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.Unionsfraktions-Vize Günter Krings (Foto: dapd) sagte nach einer Sitzung des Innenausschusses, man habe sich mit der FDP auf eine Regelung verständigt, die die Vorgaben des Verfassungsgerichts erfüllten. Damit gebe es bald wieder ein "gültiges und verfassungskonformes Wahlrecht". Schwarz-Gelb habe sich damit auch in dieser Frage handlungsfähig gezeigt.

Die Karlsruher Richter hatten bereits im Juli 2008 das sogenannte negative Stimmengewicht für verfassungswidrig erklärt. Dieser komplizierte Effekt ist eine Folge von Überhangmandaten und kann in bestimmten Fällen dazu führen, dass die Abgabe einer Zweitstimme einer Partei bei der Zahl ihrer Mandate schadet. Das Gericht hatte für die Änderung dem Bundestag eine Frist bis zum 30. Juni gesetzt - wegen Differenzen in der Koalition wurde diese aber nicht eingehalten.

Nach der nun von der Koalition geplanten Regelung soll das negative Stimmengewicht bei Bundestagswahlen durch eine Trennung der Landeslisten aufgefangen werden. Auf die bisherige überregionale Verrechnung von Reststimmen wird verzichtet. Daraus resultierende Sitze sollen nun denjenigen Landeslisten zugeschlagen werden, bei denen mehr Direkt- als Listenmandate anfallen. Dies ist vor allem in kleineren Bundesländern der Fall. In der Tendenz führe diese Lösung auch zu weniger Überhangmandaten, deren Abschaffung die Opposition fordert, sagte Krings. Die Grundstruktur des bewährten Wahlrechts werde nicht angetastet.

SPD und Grüne bezeichneten das Konzept als nicht nachvollziehbar und willkürlich. "Das Versprechen, gleiches Stimmengewicht für Alle, wird nicht eingehalten", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. dpa

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