Absage an freie Wahl in Hongkong

Peking · Chinas Führung bleibt hart: Die Menschen in Hongkong dürfen zwar direkt wählen, aber Peking sucht die Kandidaten aus. Prodemokratische Aktivisten starten erste Protestaktionen.

"Kangming" steht auf den Plakaten. "Ungehorsam" - den wollen Hongkonger Aktivisten nun ausüben. Tage, Wochen, Monate lang. Sie wollen Zehntausende motivieren, so viele, bis der Finanzdistrikt, das Herz dieser chinesischen Sonderverwaltungszone, immer langsamer schlägt. Sie wollen den Stadtteil Central besetzen, weil Peking in ihren Augen nun vollkommen die Oberhand übernimmt in einer Stadt, in der bisher Pressefreiheit herrschte und unabhängige Gerichte Urteile fällten.

Die liberalen Freiheiten gehen nun zurück, sagen Studenten, Oppositionelle , Gewerkschafter voraus, nachdem der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in Peking gestern seine Entscheidung zur Wahl des Hongkonger Regierungschefs vorgelegt hat. Es ist eine - erwartete - Absage an freie Wahlen. Bereits gestern versammelten sich hunderte Demonstranten vor dem Regierungssitz in Hongkong.

In drei Jahren soll Hongkong einen neuen Regierungschef bekommen. Die Stadt, die seit 1997 nach dem Motto "Ein Land, zwei Systeme" eine gewisse Art von Autonomie pflegt, war noch nie eine Demokratie. Das britische Kolonialerbe sicherte der 7,2 Millionen-Einwohner-Metropole aber stets rechtsstaatliche Institutionen und eine bunte wie engagierte Zivilgesellschaft. Versprochen war auch eine höhere Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungen. Die Angst der Zentralregierung aber, politische Zugeständnisse in ihrer Sonderverwaltungszone würden auch Forderungen nach Liberalisierung auf dem Festland entfachen, führt zu Konfrontation mit den pro-demokratischen Kräften in Hongkong. Seit Monaten.

Mit dem vorgestellten Papier sieht sich Peking auf dem richtigen Weg für eine "freie Wahl in Hongkong". Die Hongkonger Aktivisten nennen die Abstimmung "eine Farce". Zur "Wahl" sollen lediglich zwei bis drei Bewerber zugelassen werden. Jeder Kandidat, so heißt es in Peking , müsse die Zustimmung von mehr als der Hälfte der Mitglieder aus der Nominierungskommission haben. Diese wird wie bisher aus 1200 Wahlpersonen bestehen - ein Peking stets loyaler Kreis. Die Zentralregierung gibt am Ende ihr Einverständnis. Oppositionelle Kandidaten hätten damit kaum Chancen auf Zulassung.

Auch in Macao - seit 1999 chinesische Sonderverwaltungszone - kommt die Opposition kaum zu Wort. Ein 400-köpfiges pekingtreues Wahlgremium bestätigte am Wochenende den Regierungschef. Fernando Chui war der einzige Kandidat. Seit Monaten regen sich auch hier Proteste für mehr Demokratie.

Die Hongkonger Aktivisten indes fühlen sich von Peking verraten. Die einzige Chance, die Pläne umzuwerfen, ist das Hongkonger Parlament. Es muss den Gesetzesänderungen zustimmen. "Wir bereiten uns auf einen langen Kampf vor", sagen die Aktivisten.

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