62 Seiten, die 15 Milliarden kosten

Berlin. 62 Seiten lang ist der fein geschliffene Entwurf des gemeinsamen Wahlprogramms von CDU und CSU nun, versprochen wird darin viel: Zum Beispiel eine satte Steuerentlastung in zwei Stufen, langfristig beitragsfreie Kindergartenplätze oder eine deutliche Anhebung des Kindergeldes für jedes dritte und weitere Kind

Berlin. 62 Seiten lang ist der fein geschliffene Entwurf des gemeinsamen Wahlprogramms von CDU und CSU nun, versprochen wird darin viel: Zum Beispiel eine satte Steuerentlastung in zwei Stufen, langfristig beitragsfreie Kindergartenplätze oder eine deutliche Anhebung des Kindergeldes für jedes dritte und weitere Kind. Nicht zu vergessen die "wesentliche" Erhöhung des Schonvermögens von Hartz IV-Empfängern. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla musste sich daher gestern die Frage gefallen lassen, wo denn angesichts der desolaten Haushaltslage das ganze Geld für die Wohltaten herkommen soll. Und wie reagiert man als alter Stratege darauf? Man zeigt erst einmal mit dem Finger auf die Anderen.

Seine Antwort war ein Verweis auf den politischen Gegner: "Die Programmvorstellungen der Sozialdemokraten kosten annähernd 20 Milliarden Euro", empörte sich Pofalla. Trotzdem: 15 Milliarden Euro müssen für die Steuerpläne der Union aufgebracht werden, wie der General dann doch noch freimütig einräumte. Dafür sei das Programm aber das einzige, das auch eine Wachstumsstrategie beinhalte, mit der finanzielle Spielräume erschlossen werden könnten. Die Union glaubt, durch Investitionen in besondere "Zukunftsprojekte" wie die Umwelttechnologie, durch Ausgaben für Innovationen und Bildung, oder durch "Leistungsanreize" für die Bürger die Konjunktur spürbar stimulieren zu können. Das soll sich wiederum am Ende für die Staatskasse bezahlt machen.

Gleich am Anfang des Programms stellen die Schwestern klar, mit wem sie dies nach der Wahl verwirklichen wollen: in einer "Regierung mit der Freien Demokratischen Partei", ist zu lesen. Die von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) angestoßene Liebelei mit den Grünen sei ohnehin "keine wirkliche Debatte in meiner Partei", wehrte Pofalla ab. Nur: Der Wunschkoalitionspartner FDP hat die schwarz-grünen Avancen nachhaltig vergrätzt zur Kenntnis genommen.

Nicht jeder ist indes zufrieden mit dem Ergebnis, das der General wie sein eigenes Baby hütet und nach allen Seiten verteidigt. Nachdem der zurechtgestutzte, vorerst finale Programmentwurf den Präsidien von CDU und CSU per Mail zugegangen war, gab es seitens der bayerischen Schwester am Wochenende telefonisch erheblichen Diskussionsbedarf. Denn in dem Papier steht bislang nicht konkret, wann nun der Eingangssteuersatz in einem ersten Schritt von 14 auf 13 Prozent und in einem zweiten Schritt auf zwölf Prozent gesenkt werden soll. Die CSU möchte erreichen, dass hierfür konkrete Jahre genannt werden in der Hoffnung, so beim Wähler punkten zu können. Allerdings ist bei den Christsozialen intern diese Forderung umstritten - Parteichef Horst Seehofer ist dafür, Minister Guttenberg dagegen.

Schon frohlockte Pofalla gestern, dass es sich bei der Frage des Datums wohl vor allem um eine innerbayerische Debatte handle. Das CDU-Präsidium stehe jedenfalls "geschlossen" zu dem, was jetzt vorliege. Insider sagen, dass man diesmal den Bayern nicht nachgeben wird, insbesondere deshalb, weil man dann auch die anderen Versprechen zeitlich konkretisieren müsste. Diesbezüglich ist der Entwurf wegen der Wirtschaftskrise bewusst vage gehalten. Nächsten Sonntag wollen nun die Präsidien beider Parteien bei einer gemeinsamen Sitzung in Berlin das Programm endgültig verabschieden, am Montag soll es dann bei einem großen Kongress präsentiert werden. Sicher ist: In den wenigen Tagen bis dahin wird in der Union noch viel telefoniert und vor allem debattiert werden.

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