25 Millionen Euro, 1000 Verletzte

Gorleben/Berlin. Nach der Ankunft des zwölften Castor-Atommülltransports im Zwischenlager Gorleben hat gestern der Streit um die Kosten und die politischen Folgen der Protestaktionen begonnen

 Auf Krücken verlässt ein Atomkraftgegner eine Polizeiabsperrung, die den Castor-Transport nach Gorleben sicherte. Foto: dpa

Auf Krücken verlässt ein Atomkraftgegner eine Polizeiabsperrung, die den Castor-Transport nach Gorleben sicherte. Foto: dpa

Gorleben/Berlin. Nach der Ankunft des zwölften Castor-Atommülltransports im Zwischenlager Gorleben hat gestern der Streit um die Kosten und die politischen Folgen der Protestaktionen begonnen. Als sich kurz vor zehn Uhr das Tor hinter dem letzten Schwertransporter schloss, hatte der Atommüll seit seiner Abreise von der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague 92 Stunden Fahrt hinter sich. 25 Millionen Euro werden für die Sicherung des Transportes gezahlt werden müssen. "Wir sind nicht mehr bereit, diese Sonderlast zu tragen", sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Eine gute Stunde hatte der Konvoi der Schwerlaster gebraucht, um die Strecke zwischen dem Verladebahnhof Dannenberg zum Zwischenlager zu überwinden. Tausende Polizisten sicherten die Strecke. Zuvor hatten die Beamten in der Nacht eine Sitzblockade von mehreren tausend Demonstranten aufgelöst. Sowohl Demonstranten als auch Polizisten waren zum Schluss mit ihren Kräften am Ende. "Die Polizisten sind bis an die Grenzen ihrer Belastung gekommen", sagte Schünemann. Nach Einschätzung der Polizei ist ihre Sicherheitsstrategie aufgegangen. Erhebliche Schäden am Gleisbett hätten verhindert werden können. Insgesamt wurden 1316 Demonstranten vorübergehend in Gewahrsam genommen. Gegen 172 Protestierer wurden Strafverfahren eingeleitet, 117 Traktoren wurden beschlagnahmt. Nach Angaben der Atomkraftgegner gab es auf Seiten der Demonstranten 950 Verletzte. Vor allem wurde über Augenprobleme durch Pfefferspray geklagt. Bei der Polizei wurden 131 Verletzte gezählt.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) stellte klar, dass alternative Standorte für ein Endlager erst erkundet würden, wenn Gorleben sich als ungeeignet erweise. Die Erkundungsarbeiten in dem Salzstock können jedenfalls wieder aufgenommen werden: Nur Stunden nach dem Ende des Castor-Transports hat das niedersächsische Landesamt für Berbau, Energie und Geologie den Sofortvollzug angeordnet. "In Gorleben muss jetzt endlich Klarheit geschaffen werden, ob der Standort für die Endlagerung geeignet ist oder nicht", sagte Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP).

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte eine transparente Suche nach einem Endlager. Der Bundesregierung warf er vor, sie habe mit dem Einsatz in Gorleben tausende Polizisten zur Durchsetzung ihrer Politik benutzt. Trotz der Rekordproteste sollen die Transporte nach Gorleben bis 2017 fortgesetzt werden. Schon 2011 wird der nächste Konvoi rollen, sagte Schünemann.

Atommüll nach Russland?

Unterdessen sorgte gestern auch ein möglicher Transport von Atommüll nach Russland für massive Kritik an der Bundesregierung. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einer "hochgefährlichen Fracht" und nannte das Vorhaben "nicht akzeptabel". Auch die SPD wandte sich gegen die Pläne. "Das ist unverantwortlich und ein Akt der politischen Feigheit. Es ist die Aufgabe eines jeden Landes, den eigenen Atommüll selbst zu entsorgen", erklärte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die atomare Fracht stammt aus dem früheren DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden. Sachsen hatte die 951 Brennelemente im Frühjahr 2005 mit 18 Castor-Behältern ins münsterländische Zwischenlager Ahaus bringen lassen. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" ist ein deutsch-russisches Regierungsabkommen über den Transport "unterschriftsreif verhandelt". dpa/dapd

 Auf Krücken verlässt ein Atomkraftgegner eine Polizeiabsperrung, die den Castor-Transport nach Gorleben sicherte. Foto: dpa

Auf Krücken verlässt ein Atomkraftgegner eine Polizeiabsperrung, die den Castor-Transport nach Gorleben sicherte. Foto: dpa

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