"25 000 Euro für jede teilnehmende Kita"Schlagabtausch über Integration

Frau Ministerin, bei der frühkindlichen Sprachförderung liegt bundesweit einiges im Argen. Wie wollen Sie für Verbesserungen sorgen?Schröder: Deutsch sprechen und verstehen zu können, das ist elementar wichtig für den ganzen weiteren Lebens- und Bildungsweg

Frau Ministerin, bei der frühkindlichen Sprachförderung liegt bundesweit einiges im Argen. Wie wollen Sie für Verbesserungen sorgen?

Schröder: Deutsch sprechen und verstehen zu können, das ist elementar wichtig für den ganzen weiteren Lebens- und Bildungsweg. Da gibt es immer öfter Defizite, übrigens nicht nur bei Kindern mit Migrationshintergrund, sondern immer häufiger auch bei Kindern aus deutschen Familien. Die Bundesregierung wird deshalb in den nächsten Jahren zwölf Milliarden Euro für Bildung und Forschung in die Hand nehmen. Ich habe erreicht, dass ein Teil davon für mehr frühkindliche Bildung eingesetzt wird.

Was meinen Sie konkret?

Schröder: Wir werden von 2011 an vier Jahre lang insgesamt 440 Millionen Euro zusätzlich in die frühkindliche Bildung und in die Sprachförderung investieren. Ich nenne dies eine Offensive früher Chancen für Kinder unter drei Jahren. Mit dem Geld finanzieren wir in bundesweit 4000 Kitas in sozialen Brennpunkten jeweils eine Halbtagsstelle für einen Erzieher oder eine Erzieherin, die sich ausschließlich um die Sprachförderung der Kinder kümmern. Das macht für jede Kita, die teilnimmt, ein Budget von 25 000 Euro für zusätzliches, qualifiziertes Fachpersonal.

Wie groß ist denn der Anteil von Kindern mit Förderbedarf?

Schröder: Der variiert von Bundesland zu Bundesland zwischen 13 und 56 Prozent. Diese Kinder sind häufig in Kindertagesstätten zu finden, die in sozialen Brennpunkten liegen. Deshalb setzen wir genau dort an. Die zusätzlichen Erzieher müssen daher auch eine besondere Qualifikation auf dem Gebiet der Spracherziehung haben.

Ihr Plan richtet sich an die Kinder unter drei Jahren. Aber auch viele Drei- bis Sechsjährige haben Sprachdefizite. Warum lassen Sie die außen vor?

Schröder: Das tun wir gar nicht. Wir legen nur den Schwerpunkt auf die unter Dreijährigen, weil es wichtig ist, möglichst früh mit der Förderung anzufangen. Außerdem haben fast alle Bundesländer eigene Sprachentwicklungsprogramme für die Drei- bis Sechsjährigen. Da bringt es nichts, eine Parallelstruktur aufzubauen. Im übrigen entscheiden die Länder, Kommunen und Einrichtungen selbst, ob das Programm sinnvoll für sie ist und bewerben sich dann um die Förderung. Die Zusage folgt der Erfüllung bestimmter Kriterien und einem Länderschlüssel. Damit stellen wir sicher, dass die Förderung einerseits flächendeckend erfolgt, andererseits aber auch nur da, wo es notwendig ist.

Berlin. Die von Bundespräsident Christian Wulff entfachte neue Debatte über die Rolle des Islams in Deutschland schlägt weiter hohe Wellen. Im Bundestag reagierten Oppositionspolitiker erstaunt über die unionsinternen Angriffe auf das Staatsoberhaupt. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, unterstützte die Ansicht Wulffs, dass der Islam heute zu Deutschland gehöre. "Multikulti ist gescheitert. Das ist die Wahrheit", sagte sie zu früheren rot-grünen Positionen.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel verteidigte Wulff gegen Kritik aus der Union: "Natürlich gehört der Islam inzwischen zu Deutschland." Wer einen aufgeklärten, nicht fundamentalistischen Islam wolle, müsse die Muslime auch in Deutschland ankommen lassen. Auch Altkanzler Gerhard Schröder lobte Wulffs Bekenntnis: "Ich empfinde es als bedeutende Leistung des Bundespräsidenten, dass er den islamischen Glauben als Teil Deutschlands beschrieben hat." Er fügte hinzu: "Für mich ist die jetzt wieder geführte Debatte von gestern und ich dachte, wir hätten das in Deutschland überwunden."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte: "Irgendwann werden wir - vielleicht nicht in zehn, aber in 20, 30, 40, vielleicht 50 Jahren - von einer christlich-jüdisch-islamischen Kultur in Deutschland sprechen." Strikte Ablehnung aus der Union kam zu dem Vorschlag von SPD und Grünen, den Islam als Religionsgemeinschaft mit den christlichen Kirchen gleichzustellen. Dies verlangten Dieter Wiefelspütz (SPD) und der Grünen-Abgeordnete Memet Kilic. dpa

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