20 Jahre nach dem Völkermord von Ruanda: „Die Scham lastet weiter“

Kigali · Die schrecklichen Bilder aus Ruanda sind unvergessen. Vor zwei Jahrzehnten metzelten extremistische Hutus in einem Blutrausch Hunderttausende Tutsis nieder. Das Land trauert bis heute.

20 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda haben Überlebende im ganzen Land der Opfer gedacht. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete den Genozid gestern bei einer Zeremonie in der Hauptstadt Kigali als "einen der dunkelsten Momente in der Geschichte der Menschheit". Die Massaker von Hutu-Milizen an der ethnischen Tutsi-Minderheit gelten als eines der schwersten Verbrechen aller Zeiten. Innerhalb von 100 Tagen wurden mehr als 800 000 Menschen auf brutalste Weise mit Macheten und Knüppeln ermordet.

Schwere Kritik gibt es bis heute an den Vereinten Nationen, die nicht in den Konflikt eingriffen und ihre Blauhelmsoldaten abzogen, als die Gewalt bereits begonnen hatte. "Die UN hätten viel mehr tun können, sie hätten viel mehr tun müssen", erklärte Ban. "Eine Generation später lastet die Scham weiter." Ruanda habe aber bewiesen, dass Veränderung möglich sei, betonte er. Der ruandische Präsident Paul Kagame erinnerte daran, dass vor allem die Einteilung der Bevölkerung in eine Hutu-Mehrheit und eine Tutsi-Minderheit für den Völkermord verantwortlich war - diese hatten die belgische Kolonialmacht und französische Missionare vorangetrieben. "Das war das katastrophalste Vermächtnis der europäischen Kontrolle über Ruanda", sagte er und fügte hinzu: "Kein Land - in Afrika oder sonst wo auf der Welt - darf je ein zweites Ruanda werden."

Überschattet wurde die Gedenkfeier von einem heftigen diplomatischen Streit zwischen den Regierungen in Kigali und Paris. Kagame hatte Frankreich erneut vorgeworfen, eine aktive Rolle bei der Vorbereitung und Ausführung des Völkermords gespielt zu haben. Die französische Justizministerin Christiane Taubira sagte daraufhin kurzfristig ihre Reise zur Gedenkfeier ab. Auslöser des von langer Hand vorbereiteten Genozids war am 6. April 1994 der Abschuss des Flugzeuges, in dem der Hutu-Präsident Juvénal Habyarimana zusammen mit seinem burundischen Amtskollegen Cyprien Ntaryamira unterwegs war. Wer für die Tat verantwortlich war, ist bis heute nicht geklärt.

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