Zu schön, um nur ein Ort zu sein

Luxemburg · „Auf steiler Höh, umweht von Himmelsluft“ hat Bayerns König Ludwig II. das Fantasieschloss Neuschwanstein errichtet. Doch ist Neuschwanstein eigentlich ein Ort? Nein, sagen die EU-Richter und lassen damit weiterhin den Markenschutz zu.

 Wäre es nur ein Ort, könnte die Marke nicht geschützt werden: Die Definition von „Neuschwanstein“ war im Markenstreit zwischen Bayern und einem Händlerverband entscheidend.Foto: Kneffel/dpa

Wäre es nur ein Ort, könnte die Marke nicht geschützt werden: Die Definition von „Neuschwanstein“ war im Markenstreit zwischen Bayern und einem Händlerverband entscheidend.Foto: Kneffel/dpa

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Bayerns fantasiebegabtem König Ludwig II. hätte das sicher gefallen: Sein im 19. Jahrhundert erbautes Märchenschloss "Neuschwanstein" kann laut richterlichem Beschluss "nicht als geografischer Ort angesehen werden". Zwar liege das Schloss natürlich an einem Ort, aber es sei eben keiner, befanden gestern die Richter beim EU-Gericht in Luxemburg . Dahinter stecken handfeste juristische Argumente. Es geht um Geld und Geschäftsinteressen.

Denn Neuschwanstein, das Schloss, gehört dem Freistaat Bayern und genauso ist es mit der Marke "Neuschwanstein". Die hat sich die Regierung 2011 für ein ganzes Sortiment an Waren und Dienstleistungen europaweit schützen lassen, darunter Gabeln aus Edelmetall, Uhren, Musikinstrumente, Tinte, Strumpfhalter, Brettspiele und Geldgeschäfte . Das wollte der Bundesverband Souvenir Geschenke Ehrenpreise (BSGE) nicht hinnehmen. Eins der Argumente des Verbandes, der Fabrikanten und Händler vertritt: "Neuschwanstein" könne keine Marke sein, weil das Wort die geografische Herkunft der Waren und Dienstleistungen beschreibe. Damit ist der BSGE zuerst vor dem EU-Markenamt im spanischen Alicante gescheitert und nun auch vor dem EU-Gericht in Luxemburg . Der Verband könnte jetzt innerhalb von zwei Monaten noch Rechtsmittel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.

Das Verbot gelte, wenn der Name Verbraucher an einen bestimmten Ort denken lasse, befanden die Richter. Bei Neuschwanstein hingegen handle es sich um "einen erfundenen und originellen Namen der konkret das Schloss als Bauwerk" bezeichne. Dabei denke der Durchschnittsverbraucher aber nicht an die geschützten Waren und Dienstleistungen. Vereinfacht gesagt: Wer "Neuschwanstein" hört, denkt weder an Strumpfbänder noch Geldgeschäfte . Dass der Bundesgerichtshof im März 2012 den nationalen Schutz der Marke aufgehoben hatte, ließen die EU-Richter außer Acht: Die Regelung über die Unionsmarken sei ein autonomes System und von jedem nationalen System unabhängig.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU ), auch für Landesentwicklung und Heimat zuständig, nahm das Urteil mit Wohlgefallen auf. "Dieser markenrechtliche Schutz sichert das kulturelle Erbe Bayerns und der Wittelsbacher vor einer kommerziellen Ausbeutung", erklärte er. "Das Schloss des Märchenkönigs ist weltweit eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten und steht nicht nur für Bayern, sondern für ganz Deutschland."

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