Wutausbruch wegen Tempolimit

Madrid. Auf Spaniens Straßen sind derzeit besonders viele Wutausbrüche zu beobachten: Die spanischen Autofahrer fühlen sich von ihrer Regierung auf den Arm genommen und fluchen in höchsten Tönen, was ohnehin zur Lieblingsbeschäftigung hinter den Lenkrädern in Südeuropa gehört

 Spanier protestieren gegen Verkehrpolitik Zapateros.Foto: dpa

Spanier protestieren gegen Verkehrpolitik Zapateros.Foto: dpa

Madrid. Auf Spaniens Straßen sind derzeit besonders viele Wutausbrüche zu beobachten: Die spanischen Autofahrer fühlen sich von ihrer Regierung auf den Arm genommen und fluchen in höchsten Tönen, was ohnehin zur Lieblingsbeschäftigung hinter den Lenkrädern in Südeuropa gehört.

Ende Februar hatte Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Jose Luis Zapatero beschlossen, dass auf den schönen leeren Autobahnen des Königreiches nur noch 110 statt 120 Stundenkilometer gefahren werden durfte - um angesichts steigender Ölpreise Benzin zu sparen. Das war im Autofahrer-Volk zwar nicht gerade populär: Aber nach anfänglichem Murren gehorchten die hitzköpfigen Spanier und traten brav auf die Bremse.

Die meisten fügten sich ihrem Schicksal, weil sie merkten, dass sie wirklich Geld sparten und seltener tanken mussten. Auch die vielen Radarkameras am Straßenrand halfen bei der Verkehrserziehung. "Mit 110 zu fahren, ist billiger, sicherer und weniger umweltbelastend", bilanzierte dieser Tage die Regierung. Um dann im nächsten Satz überraschend zu verkünden, dass dieses erfolgreiche Tempolimit umgehend gekippt werde.

Pünktlich zu Beginn der Sommerferien darf nun auf Spaniens Autobahnen wieder - ein bisschen mehr - Gas gegeben werden: Es gilt von sofort an das alte Limit von 120. In den Leserbriefspalten der spanischen Tageszeitungen kocht die Wut hoch: "Sie verkaufen uns für blöd", empört sich ein 48-jähriger Lehrer. "Wenn wir Energie gespart haben, weniger Unfälle geschahen, die Luft sauberer wurde - warum legen die Politiker dann den Rückwärtsgang ein?", fragt sich eine andere Leserin.

Die ganze Nation rätselt, was Zapatero dazu gebracht haben könnte, das Tempolimit wieder über den Haufen zu werfen. Die Treibstoffpreise sind in Spanien nicht zurückgegangen, auch am Rohölmarkt ist kaum Besserung in Sicht.

Bleibt die Vermutung, dass Zapatero ins Schleudern kam, nachdem er seine Popularitätswerte sah: Diese fielen in den letzten Monaten auf historischen Tiefstand. Seine regierenden Sozialisten werden, allen Umfragen zufolge, bei der Parlamentswahl, die vielleicht schon im November 2011 kommt, die Macht an die konservative Volkspartei abgeben müssen. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht.

 Spanier protestieren gegen Verkehrpolitik Zapateros.Foto: dpa

Spanier protestieren gegen Verkehrpolitik Zapateros.Foto: dpa

Das soll jetzt Zapateros Geheimwaffe namens Alfredo Perez Rubalcaba vollbringen. Der frühere Innenminister, populärer als sein Regierungschef, wurde kürzlich zum neuen Spitzenkandidaten der Sozialisten gekürt. Zum Wahlkampf-Auftakt hatte er einen Wunsch frei: Der Mann entschied sich im Stimmungstief dafür, noch einmal richtig Gas zu geben.

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