In der "Lindenstraße" gab es kleine Skandälchen und richtige Aufreger, die Gunst der Zuschauer nahm zu und ab. Doch ob Fan oder nicht: Die meisten Deutschen haben die Kultserie wohl irgendwann schon mal geguckt. Jedenfalls scheint fast jeder zu wissen, dass Mutter Beimer sich zum Trost Spiegeleier macht und dass "dieser Doktor" im Rollstuhl sitzt. Und wer kennt nicht die legendäre Szene, in der ein Priester mit der Bratpfanne erschlagen wurde?

Der Erfolg des Dauerbrenners liegt nach Ansicht von Produzent Hans W. Geißendörfer vor allem in der Glaubwürdigkeit und Konstanz ihrer Charaktere. "Viele Zuschauer sind mit der Lindenstraße alt geworden - und finden es toll, dass die Figuren mit ihnen gealtert sind." Helga und Hans haben Falten gekriegt, Klaus und Iffi sind heute dicker. "Die Bewohner sind für die Zuschauer zu stellvertretenden Nachbarn geworden", meint Geißendörfer. 13 Schauspieler aus dem ersten Jahr sind noch dabei, darunter Marie-Luise Marjan. "Die Lindenstraße ist für mich ein Stück Zuhause", sagt sie.

Vor allem in der Anfangszeit bekamen die Schauspieler die Konsequenzen zu spüren, wenn das Handeln ihrer Rollen die Zuschauer empörte. Joachim Hermann Luger etwa berichtet, wildfremde Menschen hätten ihm auf dem Markt gedroht, ihn mit faulen Äpfeln zu bewerfen - weil sie Hans Beimer die Trennung von Helga verübelten.

Ein schier unerschöpflicher Themenfundus hat die "Lindenstraßen"-Bewohner im Laufe von 25 Jahren beschäftigt: Scheidung, Abtreibung, Homosexualität, Ausländerfeindlichkeit, Aids, Alkohol, Mord, Knast, Drogen, Terrorismus - die Liste lässt sich unendlich fortsetzen. Doch ein gesellschaftliches Tabu aufzugreifen und damit eine öffentliche Diskussion auszulösen - wie 1990 beim ersten Schwulen-Kuss in einer deutschen Serie - das gelingt in Zeiten der zahlreichen Reality-Shows kaum noch, sagt Geißendörfer. "Aber Provokation im politischen Bereich halte ich für richtig und wichtig."

Bis heute ist die "Lindenstraße" ihrer Besonderheit treugeblieben, kurzfristig auf aktuelle Themen zu reagieren. Zwar werden die einzelnen Folgen schon etwa drei Monate vor dem Sendetermin gedreht, aber eine Passage kann noch kurz vor Ausstrahlung eingefügt werden. So kommt es, dass Hochrechnungen zu politischen Wahlen am selben Abend in der "Lindenstraße" zu sehen sind. Die Figuren kommentieren Ergebnisse der Fußball-WM oder diskutieren am Küchentisch den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr.

Wird es unendlich weitergehen mit der "Lindenstraße"? Vor kurzem hat die ARD den Vertrag bis 2014 verlängert. Wenn es nach Geißendörfer geht, sollte die Serie ruhig noch mindestens 25 Jahre laufen. 8. 12. 1985: Die erste Folge geht auf Sendung.

27. 11. 1988: Benno Zimmermann stirbt an Aids.

26. 02. 1989: Dr. Dressler wird von Vasily Sarikakis angefahren und sitzt seitdem im Rollstuhl.

25. 03. 1990: Erster Schwulen-Kuss in einer deutschen Serie.

01. 09. 1991: Scheidung von Hans und Helga Beimer

07. 02. 1993: Klausi Beimer wird Neo-Nazi.

20. 08. 1995: Lisa Hoffmeister erschlägt Ex-Pfarrer Matthias Steinbrück mit der Bratpfanne.

24. 07. 1997: Erste Schwulenhochzeit im deutschen TV.

01. 10. 2000: Mary entmannt ihren Mann Olaf Kling mit einer Geflügelschere.

12. 12. 2010: Jubiläumsfolge zum 25. Geburtstag. dpa

Auf einen Blick

In 25 Jahren "Lindenstraße" waren 130 Schauspieler mit Hauptrollen bei der ARD-Serie unter Vertrag. 13 von ihnen sind immer noch dabei, darunter Marie-Luise Marjan ("Helga Beimer"), Joachim Hermann Luger ("Hans Beimer") oder Ludwig Haas ("Ludwig Dressler"). Rund 1900 Schauspieler sind in Gastrollen aufgetreten, gut 19 000 Komparsen durften mitmachen.

Rund 200 wissenschaftliche Arbeiten befassen sich mit der Serie. Zurzeit hat die "Lindenstraße" durchschnittlich 3,5 Millionen Zuschauer. Es gibt 20 offiziell registrierte Fanclubs. Die Facebook-Seite der Serie hat mehr als 20 000 Fans. dpa