Wirbel um US-Trip auf Staatskosten
Berlin/Saarbrücken · Freiheitsstatue statt Fränkische Schweiz: Eine teure Klassenfahrt von 15 Berliner Schülern nach New York sorgt bundesweit für Wirbel. Denn die Steuerzahler haben die Reise zum „Big Apple“ finanziert.
Einmal durch die Straßen der Serie "Sex and the City" schlendern, im Central Park einen Hotdog essen und der Freiheitsstatue nett "Hello" sagen: Ja, ein Trip nach New York ist ohne Frage ein Traum, verlockender als eine Fahrt in die deutsche Provinz. Das dachte sich auch ein Englisch-Leistungskurs des Berliner Robert-Koch-Gymnasiums. Und beschloss: "Yes", wir fahren zum "Big Apple ". Sieben Tage lang, für stolze 38 000 Euro. Allerdings blätterten die nicht die Eltern der 15 Schüler hin, sondern Vater Staat - mit Geldern aus dem Bildungs- und Teilhabepakt (BuT). Dieser soll es Kindern aus Familien mit geringem Einkommen ermöglichen, an Ausflügen und Klassenfahrten teilzunehmen. Aber New York?
Heinz-Peter Meidinger beispielsweise, der Vorsitzende der Gymnasiallehrer-Gewerkschaft Philologenverband, findet diese Reise "skandalös" und "persönlich unvorstellbar". Dass so viel Geld aus BuT-Mitteln der Bundesregierung bewilligt wurde, sei "eine Ohrfeige für alle Schulen, die sich bemühen, für sozial schlechter gestellte Eltern Austauschprogramme und Studienfahrten zu vernünftigen Preisen anzubieten". Der Verbandschef fordert den Gesetzgeber auf, "penibel und intensiv zu prüfen, ob es nicht erheblich mehr Beispiele für falsche und unverhältnismäßige Mittelverwendung beim BuT gibt".
Zuspruch für die Fahrt gibt es aber auch - von Micha Schmidt. Er ist der Koordinator der Berliner Landesschülervertretung. "Man kann nicht sagen: Du musst zur Schule gehen - aber wir geben dafür nur die geringsten Mittel." Und im Schulgesetz stehe, dass Schüler andere Kulturen kennenlernen sollen.
Im Saarland seien Vorkehrungen getroffen worden, um Klassenfahrten "zu exklusiven Zielen im Ausland" zu verhindern, sagt Marija Herceg vom Bildungsministerium . Zudem solle es zum kommenden Schuljahr einen Erlass geben, der eine Kosten-Obergrenze für Klassenfahrten einführt. Aber auch jetzt seien Schulleiter angewiesen, Fahrten nur zu genehmigen, "wenn die Kosten je begleitender Lehrkraft 100 Euro nicht überschreiten" - oder durch Drittmittel gedeckt wären. Damit seien aber keine Trips nach New York vorgesehen. "Spätestens die Schulaufsicht würde da Nein sagen", meint Herceg.
Deutschlandweit sind Reisen wie die der Berliner "absolut nicht üblich", sagt Ilka Hoffmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft . "Klassenfahrten kosten heute 200 bis 300 Euro pro Schüler für eine Woche, mit Flug dann vielleicht zwischen 400 und 500 Euro." New York für 2500 Euro pro Person hält sie für "ein bisschen übertrieben".
Der Berliner Rektor Völkel hat sich öffentlich entschuldigt. Die Genehmigung der "außerordentlich hohen Summe" sei möglicherweise ein Fehler gewesen. Immerhin: 400 Euro pro Schüler konnten zurückgezahlt werden, weil die Reise etwas billiger ausgefallen sei als geplant.