Doblhammer-Reiter: Da gibt es verschiedenste Prognosen. Wir wissen aber, dass in der Vergangenheit der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung immer unterschätzt wurde. Geht der Trend so weiter, werden wir 2050 im Bereich von 95 Jahren bei den Frauen und bei den Männern von ungefähr 88 Jahren liegen.

Werden die Deutschen älter als andere?

D.-R.: Deutschland liegt bei der Lebenserwartung im Mittelfeld - Ost und West haben sich übrigens nahezu angeglichen. Am ältesten werden die Japaner. Warum das so ist, weiß man nicht genau. Ernährung könnte ein Faktor sein. In Europa sind es die Spanier, überhaupt haben die Menschen in den südeuropäischen Ländern in den letzten Jahrzehnten deutlich aufgeholt. Man spricht auch dort immer die mediterrane Kost an, in Wahrheit weiß man aber nicht genau, warum das so ist. In Osteuropa hat man nach wie vor die niedrigste Lebenserwartung.

Es heißt, dass die Folgen der demografischen Entwicklung gravierender sein werden als die des Klimawandels.

D.-R.: Ich glaube nicht, dass man beides gegeneinander stellen kann. Der demografische Wandel bedeutet ja höhere Lebenserwartung und geringere Geburtenrate. Beides führt zur Bevölkerungsalterung.

Hat die Politik das Problem bereits erkannt?

D.-R.: Ja, das hat sie. Im Pflegebereich hat es Änderungen gegeben, die in die richtige Richtung gehen. Bei der Gesundheit ist es weniger der demografische Wandel als der technische Fortschritt, der die Kosten in die Höhe treibt. Und bei der Rente wurde ganz viel Vernünftiges getan - beispielsweise die Anhebung des Renteneintrittsalters. Man sollte sich sogar überlegen, ob man das nach oben hin nicht noch freier gestalten kann.

Was bedeutet höhere Lebenserwartung für den Menschen?

D.-R.: Wir wissen, dass die Menschen das Langlebigkeitsrisiko unterschätzen. Sie können sich nicht wirklich vorstellen, wie alt sie werden. Der Anstieg der Lebenserwartung wird ja weitergehen, man wird also noch viel, viel älter werden. In den letzten hundert Jahren haben wir 40 Jahre dazu gewonnen. Jeder muss sich damit also auseinandersetzen und daran denken, sein Leben anders zu gestalten. Lebensphasen werden sich verschieben und ändern müssen. Für die Wirtschaft gilt: Die Arbeitnehmer werden weniger und älter werden. Sie wird in Zukunft nicht mehr den Weg gehen können, die älteren Arbeitnehmer hinauszudrängen.

Wie kann man älter werden?

D.-R.: Lebensstilfaktoren sind natürlich wichtig, also Ernährung, nicht rauchen und Bewegung. Wir wissen aber nicht, was man generell tun muss, damit man ganz besonders alt wird, 100 Jahre zum Beispiel. Auch wissen wir nicht, wie jemand, der schon 85 Jahre alt ist, noch 100 werden kann.