Wenn Urlaub nicht erholsam ist

Hamburg · Sommer, Sonne, Strand – und trotzdem verfolgen Sorgen aus dem Job viele Menschen im Urlaub. Nicht selten erwartet der Arbeitgeber ständige Erreichbarkeit. Entspannung ist dann laut einer Umfrage schwer.

Am Strand mit dem Chef telefonieren, beim Baden über Jobsorgen grübeln - vor allem junge Arbeitnehmer können im Urlaub oft nicht abschalten. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage für den Urlaubsreport 2013 der Krankenkasse DAK. Fast jeder Fünfte zwischen 30 und 44 Jahren erholte sich demzufolge im Urlaub nicht gut. In jedem zweiten Fall war der Grund dafür, dass die Gedanken an die Arbeit die Menschen nicht loslassen. 13 Prozent der Befragten mussten für ihren Arbeitgeber via Handy oder Internet erreichbar sein.

"Es ist nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen sagen, ich brauche schon nach dem Urlaub wieder einen Urlaub", sagt Wissenschaftler Professor Ulrich Reinhardt. Er leitet die Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen.

Nach seinen Angaben geht es Urlaubern oft aber nicht nur darum, über die Ergebnisse aus dem jüngsten Meeting in der Ferne informiert zu sein. Auch mit Freunden bleiben viele in Kontakt und verfolgen Neuigkeiten aus der Heimat über das Internet. "Man hat immer Angst, etwas zu verpassen", erklärt er. "Der Urlaub droht, seine Funktion zu verlieren und nur noch eine Fortsetzung des Alltags zu sein."

Vor allem Frauen fällt es laut der Umfrage, deren Ergebnisse am Montag veröffentlicht wurden, schwer, sich von Belastungen zu befreien: 16 Prozent gaben an, in den Ferien "weniger gut" oder "überhaupt nicht" entspannt zu haben - bei den Männern waren das vier Prozent weniger.

Anders erging es den über 60-Jährigen: Sie konnten den Sommerurlaub genießen. In dieser Altersgruppe sagten nur acht Prozent, sie hätten sich in diesem Jahr "weniger gut" oder "überhaupt nicht" erholt. Diese Generation habe es noch gelernt, dass Urlaub etwas Besonderes sei, ist Reinhardt überzeugt.

Laut Experte Frank Meiners von der DAK-Gesundheit ist es wichtig, mal eine Zeit lang alles hinter sich zu lassen. Wer auch im Urlaub an seiner Karriere arbeite, könne sich nicht richtig erholen, erklärt der Psychologe. "Statt ständig das Handy griffbereit zu haben, sollten besser die eigenen Batterien aufgeladen werden."

Die heutige Technik bietet nach Aussage von Professor Klaus David von der Universität Kassel völlig neue Möglichkeiten, die ständige Erreichbarkeit sei eine "zunehmende Herausforderung" für die Arbeitswelt. "Es ist wichtig, sich mit diesem Problem stärker zu beschäftigen, weil das immer mehr von uns betrifft und irgendwie nicht so richtig geregelt ist", sagt der Leiter des Fachgebiets Kommunikationstechnik.

Seiner Meinung nach kann es nicht immer die richtige Lösung sein, im Urlaub für den Arbeitgeber gar nicht erreichbar zu sein. Es könne für motivierte Mitarbeiter bei der Rückkehr frustrierend sein, zu sehen, dass man nicht rechtzeitig auf Entscheidungen habe Einfluss nehmen können. Individuelle Absprachen mit dem Arbeitgeber könnten weiterhelfen, die richtige Balance zu finden, sagt David.

Für den DAK-Report wurden rund 1000 Menschen befragt, die in diesem Jahr schon Urlaub gemacht haben. Dabei zeigte sich noch ein weiterer Stressfaktor: Streit mit der Familie oder Freunden. Die Erwartungen an Mitreisende seien oft zu hoch, erklärt Wissenschaftler Reinhardt.

Insgesamt berichteten 42 Prozent der für den Urlaubsreport Befragten, sich sehr gut regeneriert zu haben. 43 Prozent erholten sich immerhin noch "gut". Als Grund dafür nannten mehr als drei Viertel Sonne und Natur. Für rund ein Drittel war ausschlaggebend, in den Ferien auf Handy und Internet verzichtet zu haben. Gute Erholung wirke sich auch positiv auf den Joballtag aus, sagt Reinhardt. "Ein Arbeitnehmer ist dann viel produktiver."

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