Wenn Schwärmerei gefährlich wird

Freiburg/Wiesbaden · Seit drei Wochen ist die 13-jährige Maria aus Freiburg mit einem 40 Jahre älteren Mann auf der Flucht. Sie hatten sich über das Internet kennengelernt. Die Polizei fahndet. Was bringt ein so ungleiches Paar zusammen?

Ein älterer Mann nimmt sich eine viel jüngere Frau - das zählt zu den Klassikern in Liebesbeziehungen. Was aber geht in Männern vor, die sich in pubertierende Minderjährige verlieben und sich damit strafbar machen? Und was bringt Teenager dazu, ihr Leben in die Hand eines älteren Mannes zu legen, wie es offenbar die 13-jährige Maria aus Freiburg getan hat? Sie ist nun seit drei Wochen mit einem 40 Jahre älteren Mann auf der Flucht, den sie zuvor über das Internet kennengelernt hatte. Nach dem Paar wird weltweit gefahndet. Eine heiße Spur gibt es noch nicht. Auf den 53-Jährigen ist ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Der Vorwurf lautet: Kindesentziehung in einem besonders schweren Fall und sexueller Missbrauch von Kindern.

Für den Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, Rudolf Egg, leben die beiden eine Fantasie aus, die viele Menschen haben, aber aus gutem Grund nicht umsetzen. "Ich denke, dass sich 10 bis 15 Prozent der Männer von Jugendlichen angezogen fühlen, die noch halb Mädchen und schon halb Frau sind." Aber die meisten Männer beließen es bei der Fantasie, sei es aus moralischen Gründen oder aus Furcht vor Strafe und gesellschaftlicher Ächtung. Letztere hat der Landesvorsitzende der CDU in Schleswig-Holstein, Christian von Boetticher, erfahren, als er 2011 seine Liebe zu einer 16-Jährigen gestand und zurücktrat.

Das Verhalten von Maria findet Egg ebenfalls nicht ungewöhnlich. "Die Schwärmerei von Mädchen etwa für ihre Lehrer oder den Pfarrer sind ja bekannt". Die Erwachsenen repräsentierten das, was sie selbst noch nicht haben: Reife und Selbstbewusstsein. Meist fallen solche Schwärmereien nicht auf fruchtbaren Boden und erlöschen schnell.

Es muss einiges zusammenkommen, damit ein solch ungleiches Paar entsteht. Das Internet spielt dabei für Egg nicht die entscheidende Rolle. "Es bietet nur eine Möglichkeit mehr, um in Kontakt zu kommen." Auf herkömmlichen Weg wäre Maria wohl kaum auf den Mann gestoßen. Sie hatte sich mehrfach mit ihm getroffen - zuletzt auch gegen den Willen ihrer Eltern, die davon erfahren hatten.

Für die Kriminalistin Rita Steffes-enn vom Zentrum für Kriminologie und Polizeiforschung in Kaisersesch ist das Internet "eine gute Plattform, um anonym zu bleiben. Das Paar kann sich näher kennenlernen, ohne sich mit dem störenden Umfeld, etwa den Eltern, auseinandersetzen zu müssen." Im richtigen Leben falle ein Mann dagegen schnell auf, wenn er sich mit einer Jugendlichen treffe.

Bei den betreffenden Männern sieht Egg eine gewisse Unreife. Ein Motiv sei auch, dass sie die Frauen beschützen wollten, was sie in gleichberechtigten Partnerschaften kaum ausleben können. Daran würden solche Beziehungen später oft scheitern. "Wenn die Mädchen erwachsen werden, sehen sie das Ungleichgewicht und beenden das Ganze."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort