Wenn's Christkind kommt

Nürnberg. Seit 75 Jahren lädt es Jung und Alt von der Empore der Frauenkirche herab zum Weihnachtsmarkt ein: das Nürnberger Christkind. In gleißendes Licht gehüllt spricht es am Freitag vor dem 1. Advent Punkt 17.30 Uhr den Prolog zur Eröffnung des weltweit bekannten Budenzaubers

Nürnberg. Seit 75 Jahren lädt es Jung und Alt von der Empore der Frauenkirche herab zum Weihnachtsmarkt ein: das Nürnberger Christkind. In gleißendes Licht gehüllt spricht es am Freitag vor dem 1. Advent Punkt 17.30 Uhr den Prolog zur Eröffnung des weltweit bekannten Budenzaubers. Für viele Besucher der im Dunkeln liegenden, engen Gassen auf dem Hauptmarkt beginnt damit die Vorweihnachtszeit.

Für das Christkind selbst ist der Prolog der Auftakt für eine turbulente Zeit. 170 Termine in dreieinhalb Wochen wird die diesjährige Amtsinhaberin Rebekka Volland (Foto: dpa) absolvieren. "Das beginnt morgens um neun in der Kita und geht bis abends um sieben, acht Uhr", sagt Edith Kerndler von der Stadt Nürnberg, die das Christkind seit mehr als 20 Jahren betreut. Die Schülerinnen werden deshalb für einen Monat vom Unterricht befreit.

In dieser Zeit besuchen sie nicht nur Altersheime und Kinderkrebsstationen. "Sie sind Symbolfigur und Werbeträger des Marktes und repräsentieren die Stadt Nürnberg", erläutert Kerndler.

Eine gewaltige Aufgabe für eine Heranwachsende - die Kandidatinnen dürfen nicht älter als 19 Jahre sein. Neben der Altersgrenze werden an sie noch weitere Anforderungen gestellt: Sie müssen mindestens 1,62 Meter groß sowie wegen der Höhe der Empore schwindelfrei sein und mit Menschen umgehen können.

Erst seit 1969 wird das Christkind unter dem Nürnberger Nachwuchs ausgewählt. Davor übernahmen 20 Jahre lang zwei Schauspielerinnen die Rolle und luden die Nürnberger zu ihrem Markt ein. Das Zeremoniell war aber damals wie heute das gleiche: Fanfaren erklingen, ein Chor singt Weihnachtslieder, und flankiert von zwei Rauschgoldengeln spricht das Christkind seine Zeilen.

Die liebgewonnene Tradition stammt ursprünglich von den Nationalsozialisten. 1933 holte Oberbürgermeister Willy Liebel den Markt von seiner jahrelangen Wanderschaft zurück auf den Hauptmarkt - und erfand das Eröffnungszeremoniell. Auch die geschmückten Zugangsstraßen, Lichterketten und Girlanden aus Tannenästen stammen aus dieser Zeit.

"1933 haben die Nazis Nürnberg missbraucht - so verstehen wir das -, indem sie Deutschtümelei in die Weihnacht gebracht haben", sagt Helmut Nordhardt, Leiter des städtischen Marktamtes. Denn ursprünglich habe der Markt der Stadt, in der später die NS-Reichsparteitage stattfanden, einen ganz anderen Charakter gehabt.

"Das war nie ein Romantikmarkt, sondern diente zur Versorgung der Bevölkerung mit allem, was man zur Weihnachtszeit braucht." Der erste Nachweis des Marktes stammt aus dem Jahr 1628, dieses Datum ist als Inschrift in einer Schachtel erhalten geblieben. "Wir gehen aber davon aus, dass der Markt schon älter ist", sagt Nordhardt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Im Prozess-Marathon um seine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung hat Prinz Ernst August von Hannover (Foto: dpa) einen wichtigen Etappensieg erreicht: Das Landgericht Hildesheim stimmte einem Wiederaufnahmeantrag des Welfenprinzen zu. Damit w
Im Prozess-Marathon um seine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung hat Prinz Ernst August von Hannover (Foto: dpa) einen wichtigen Etappensieg erreicht: Das Landgericht Hildesheim stimmte einem Wiederaufnahmeantrag des Welfenprinzen zu. Damit w