Weniger Alkohol am Steuer

Flensburg · Im vergangenen Jahr wurden so wenig betrunkene Verkehrsteilnehmer erwischt wie nie zuvor. Doch für Experten besteht kein Grund zur Entwarnung. Denn: Die meisten Alkoholfahrten werden gar nicht entdeckt.

Die Nachricht klingt erst einmal erfreulich: Im Jahr 2012 wurden die wenigsten Alkoholverstöße registriert und verfolgt, seit 2004 Alkohol- und Drogenverstöße am Steuer statistisch getrennt erfasst werden. Der zweite Blick offenbart aber: Es sind immer noch fast 150 000 registrierte Verstöße. Dies geht aus dem Jahresbericht des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hervor, der gestern in Flensburg vorgestellt wurde. "Das ist die geringste Zahl, die wir jemals hatten", sagte KBA-Präsident Ekhard Zinke, um gleich hinterher zu schieben: "Aber 147 200 ist auch nicht gerade eine Banalität. Eigentlich ist das noch erschreckend viel." Zudem ist die Zahl der aufgedeckten Drogenverstöße von 30 400 im Jahr 2011 auf 31 600 gestiegen.

Aus den Zahlen lässt sich nicht ableiten, dass sich tatsächlich weniger Menschen betrunken hinters Steuer setzen. "Die Dunkelziffer, (...) muss hier unberücksichtigt bleiben", heißt es in dem Jahresbericht. Nach Angaben des ADAC von 2011 wird lediglich jede 600. Alkoholfahrt überhaupt nur entdeckt.

Vielen Autofahrern ist - trotz Aufklärungskampagnen - wohl nicht bewusst, dass auch das Bier mit Freunden oder ein Glas Wein zum Abendessen schon die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen kann. "Häufig wird es sogar als Kavaliersdelikt angesehen, sich an den gesetzlich vorgegebenen Grenzwert heranzutrinken", heißt es beim ADAC in München. Und weiter: "Von einem solchen Vorgehen kann im Hinblick auf die Unfallstatistik nur dringend abgeraten werden." So verunglückten im Jahr 2010 beispielsweise 342 Menschen wegen zu viel Alkohols am Steuer tödlich, 5001 wurden schwer verletzt, 13 873 leicht.

Von einer Absenkung der Promillegrenze von 0,5 auf 0,0 - wie es immer mal wieder diskutiert wird - hält der ADAC indes nichts: "Denn ein gesetzliches Alkoholverbot am Steuer führt nicht automatisch zu weniger Alkoholfahrten. Dies zeigt der Vergleich mit den europäischen Staaten, in denen eine 0,0-Promillegrenze gilt, also Estland, Kroatien, Rumänien, Slowakei, Tschechien und Ungarn." Vielmehr sollten die geltenden Werte durchgesetzt und dazu die Kontrolldichte erhöht werden.

Die höhere Kontrolldichte und eine bessere Ausbildung der Ermittler tragen auch zum Anstieg der registrierten Drogenverstöße bei. Es liegt also nicht unbedingt daran, dass sich die absolute Zahl der Drogenkonsumenten, die sich hinters Steuer setzen, verändert hat. So schult die Polizei in Schleswig-Holstein beispielsweise seit einigen Jahren gezielt die Streifenbeamten. Einige Direktionen setzten auch spezielle Trupps ein, die Drogenfahrten entdecken sollen, sagt ein Sprecher. Alle werden aber auch so nicht erwischt. "Wir gehen schon von einem hohen Dunkelfeld aus."

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