Bettwanzen Mit der Mikrowelle gegen böse Blutsauger
Garmisch-Partenkirchen · Sie scheinen wieder zur Plage zu werden: die Wanzen. Hüttenwirte in den Alpen reagieren mit kreativen Methoden gegen die ungebetenen Gäste.
Erst mal Mikrowelle. Wer auf dem Weg zur Zugspitze an der Knorrhütte ankommt und dort vor dem Anstieg auf Deutschlands höchsten Berg übernachten möchte, muss seinen Hüttenschlafsack am Eingang in das Küchengerät stecken: 30 Sekunden bei 600 Watt. Denn im Schlafsack reisen gelegentlich ungebetene Gäste mit: Wanzen. Auch Nachbarhütten haben solche Geräte angeschafft. Nicht nur im Zugspitzgebiet, sondern auch im Kaisergebirge, im Allgäu und in Österreich hatten sich die Plagegeister in einigen Unterkünften des Deutschen Alpenvereins (DAV) eingenistet. Nun verstärken die Wirte ihre Maßnahmen.
„Der Bergwandertourismus hat zugenommen – und damit die Möglichkeit der Verbreitung von Bettwanzen“, sagt Thomas Gesell, Hüttenreferent der DAV-Sektion München. Der Hüttenschlafsack sei der Übertragungsweg Nummer eins; zu 70 Prozent würden die Tiere darüber eingeschleppt. Die Mikrowelle habe sich schon bewährt. Das sei sinnvoll und gut zu handhaben, „und die Gäste nehmen das an.“
Teils basteln Wirte an Bettgestellen Fallen aus Doppelklebestreifen, damit die Blutsauger hängen bleiben, wenn sie nächtens aus ihren Verstecken krabbeln, um sich an die Schlafenden heranzumachen. Manche Wirte lassen Wanzenspürhunde durch die Schlafräume schnüffeln.
Alexander Egger, Wirt des Anton-Karg-Hauses im Kaiser-Gebiet schwört auf „Bug Bags“, Säcke, in denen Rucksäcke, Schlafsack und Kleidung außerhalb der Schlafräume bleiben. Gerade gebrauchte Wäsche lieben Wanzen. „Was sie anlockt, ist Schweiß.“ Er verheißt die Nähe eines Menschen – und sein Blut. Gäste bekommen von Egger einen frischen Hüttenschlafsack. „Wir haben große Waschmaschinen, in denen wir die Schlafsäcke jeden Tag waschen.“
Die Hütten sind mit dem Problem nicht allein. Unterkünfte weltweit kämpfen mit der Plage. Schlimm war es eine Zeit lang in Australien, auch aus den USA berichten Heimkehrer von den lästigen Bettgenossen. „Seit den 1990er Jahren beobachtet man weltweit eine Zunahme beim Auftreten dieser Wanzen“, sagt die Biologin und Schädlingsexpertin beim Umweltbundesamt, Carola Kuhn. Die Tiere werden aus dem Urlaub im Reisegepäck mit heimgenommen, etwa in gebraucht gekauften Gegenständen. „Reisen weltweit – das ist der typische Ausbreitungsweg für die Wanzen“, sagt Kuhn. „Die wesentliche Ursache für die Zunahme wird darin gesehen, dass sie resistent sind gegen Wirkstoffe, deshalb schwerer zu bekämpfen sind und sich stärker ausbreiten.“
Mario Heising, Vorsitzender des Landesverbandes Berlin/Brandenburg des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbandes, berichtet von einer Zunahme der Einsätze der Mitgliedsunternehmen in dieser Region und von seinen eigenen Erfahrungen. Günstige Absteigen seien genauso betroffen wie teure Hotels. „Das hat mit billig oder teuer nichts zu. Das größte Problem sehe ich in der Unehrlichkeit“, sagt Heising. Lange wurde das Thema tabuisiert. Viele wussten nicht einmal, was da krabbelt: Da seien diejenigen gewesen, die meinten, einen Käfer im Hotel zerdrückt zu haben, „und sich gewundert haben, warum sie zerbissen sind“. Heising bekämpft die Tiere, indem er Räume extrem aufheizt, oder mit chemischen Mitteln, die etwa die Häutung der Tiere unterbinden oder deren Stoffwechsel stören. Bettwanzen hätten nichts mit Hygienemängeln zu tun, sagt die Biologin Kuhn. „Das Problem ist, dass sie häufig gar nicht in den Decken sitzen, sondern hinter Leisten oder in Ritzen.“
Viele Menschen reagierten stark auf die Stiche. „Viele klagen über Schlafstörungen und psychische Belastungen, da die Tiere ja in den Rückzugsorten der Menschen leben – zum Beispiel im Bett“, sagt Kuhn. Dennoch gibt es eine gute Nachricht: Darüber hinaus sind Wanzen ungefährlich.