Wahrheitssuche nach 27 Jahren

Augsburg. Selbstsicher, mit fester Stimme und mit ironischen Spitzen gegen das Gericht beteuert Werner M. seine Unschuld

 In dieser Holzkiste wurde die zehnjährige Ursula nach ihrer Entführung lebendig begraben. Foto: dpa

In dieser Holzkiste wurde die zehnjährige Ursula nach ihrer Entführung lebendig begraben. Foto: dpa

Augsburg. Selbstsicher, mit fester Stimme und mit ironischen Spitzen gegen das Gericht beteuert Werner M. seine Unschuld. "Ich bedauere den Tod von Ursula Herrmann (Fotos: dpa) und das Schicksal der Familie", beginnt der 58-jährige verhalten seine Erklärung, und fährt mit fast drohendem Unterton fort: "Heute stehe ich aber hier und muss um mein Leben und das meiner Frau kämpfen, und das werde ich tun." Wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge steht er vor Gericht. Er soll die zehnjährige Ursula vor 27 Jahren entführt und ihren qualvollen Tod verschuldet haben. Laut Anklage hatte der Mann im September 1981 die Schülerin aus Eching am Ammersee entführt, um zwei Millionen D-Mark zu erpressen. Das Mädchen erstickte in der Holzkiste, kurz nachdem es im Wald verscharrt worden war.

Der etwas bullige Mann holt weit aus, um die gegen ihn vorliegenden Indizien zu entkräften. Er erzählt vom Pilzesammeln, vom Autolackieren und davon, dass er am Tatabend mit Freunden bis Mitternacht zusammengesessen sei. Erst am nächsten Morgen habe er aus dem Radio von der Vermisstensuche erfahren. Deshalb habe er begonnen, gelegentlich Polizeifunk zu hören.

Seine Ehefrau ist wegen Beihilfe mitangeklagt. Auch sie gibt eine Erklärung ab, die aber nur drei Minuten dauert. Sie habe keine Zeitungen für Erpresserbriefe zerschnipselt. Stattdessen habe sie freiwillig Fingerabdrücke und DNS abgegeben, doch alle Ermittlungen seien negativ verlaufen. Ihr Mann fährt dann fort, die Schulden, die als vermutetes Motiv für die Entführung und Erpressung gelten, hätten ihn gar nicht gestört. Andere Details dagegen passten eher zu einem ehemaligen Polizeibeamten aus Ursulas Umgebung, der damals auch ins Visier der Ermittler gelangt war und sich inzwischen "zu Tode gesoffen hat", argumentiert er.

Der Angeklagte selbst war schon einmal ins Visier der Ermittler geraten, aber es fehlten handfeste Beweise. Im Oktober 2007 beschlagnahmten sie dann in seiner Wohnung ein Tonbandgerät. Es soll Besonderheiten aufweisen, die exakt mit den polizeilichen Mitschnitten der Erspresseranrufe übereinstimmen. Der Beschuldigte behauptet, es werde versucht, ihn als "wahrlich schlechten Menschen" hinzustellen. "Ich gebe zu, das bin ich, was den Hund betrifft." Aus Wut, dass sein Hund im Jahr 1975 den Küchenmüll am Boden verstreut hatte, habe er das Tier lebend in die Tiefkühltruhe gesteckt und erst wieder herausgeholt, als der Hund tot war. "Ich bin sicher kein braver Bürger, ich war gelegentlich rücksichtslos", bekennt er und beteuert: "Aber ich habe das Leben dieses Kindes nicht auf dem Gewissen." dpa

 In dieser Kiste erstickte Ursula Herrmann nach ihrer Entführung 1981 bald nachdem sie vergraben worden war. Foto: dpa

In dieser Kiste erstickte Ursula Herrmann nach ihrer Entführung 1981 bald nachdem sie vergraben worden war. Foto: dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort