Kaiserin Elisabeth Warum Sisi heute ein Netzwerk-Star wäre

Wien · Sie war exzentrisch, eitel und unheimlich populär: Vor 120 Jahren tötete ein Anarchist die Kaiserin. Ihr Mythos lebt weiter.

 Ein undatiertes Gemälde von Franz Xaver Winterhalter zeigt Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn.

Ein undatiertes Gemälde von Franz Xaver Winterhalter zeigt Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn.

Foto: dpa/Bernhaut

Sisi war eine Zumutung, Sisi war eine selbstbewusste Frau, Sisi war unglücklich. Das Bild der österreichischen Kaiserin Elisabeth (1837-1898) aus bayerischem Haus hat viele Facetten. Halbwahres und Falsches ist auch noch zu ihrem 120. Todestag im Umlauf. Am 10. September 1898 wurde sie am Genfer See von einem Anarchisten ermordet. Wer sich mit der Frau von Franz Joseph I. befasst, bekommt den Eindruck, sie passte weder zum Mann noch in ihre Zeit. Sisi hätte mit ihren Allüren und ihrer Model-Figur heute wohl ein millionenfaches Publikum in den sozialen Netzwerken.

Ehe: Der Anfang war wohl tatsächlich märchenhaft. Die 15-jährige Herzogin in Bayern und der damals 22-jährige Kaiser Franz Joseph I. begegneten sich in Bad Ischl. „Es war wirklich der große Knall“, ist sich die Kuratorin des Sisi-Museums in Wien, Olivia Lichtscheidl, sicher. Nach der Geburt von vier Kindern, Sisis Abneigung gegen die strenge Disziplin am Wiener Hof und der wenigen Zeit, die der pflichtbewusste Kaiser für seine Frau hatte, trennten sich die Wege zusehends. Bis zuletzt behandelten sich beide aber mit Respekt.

Reisen: Sisi reiste gern. Je älter sie wurde, desto öfter. Ziele waren die griechische Insel Korfu, England und natürlich ihr Schloss Gödöllö bei Budapest, wo sie sich frei fühlte.

Sport: Eine Kaiserin als Sport-Freak? Ja – und das vor 150 Jahren. Sisi hatte überall, wo sie wohnte, Turngeräte zur Verfügung. In Wien konnte sie sogar eine an einen heutigen Fitness-Club erinnernde Turnhalle nutzen. Am Reck machte sie Klimmzüge, an den Ringen einen Felgaufschwung. Die wohl beste Reiterin Europas im 19. Jahrhundert saß bis zu acht Stunden täglich im Sattel und scheute kein Risiko. Wegen Rheumas sattelte sie später auf stundenlange Gewaltmärsche fast im Jogging-Tempo um. Sie lernte das Fechten und schwamm gerne.

Beauty-Queen: Mehr Aufwand treibt heute kein Hollywood-Star. Die 1,72 Meter große und 50 Kilogramm leichte Elisabeth ließ sich ihr bis zu den Fersen reichendes Haar aufwendigst pflegen. Täglich gingen dafür bis zu zwei Stunden drauf. Alle 14 Tage ließ sie es mit Eigelb und Cognac waschen. Schminke und Parfüm lehnte sie ab. Aus Eitelkeit ließ sie sich zuletzt mit Anfang 30 fotografieren, ein letztes Gemälde entstand mit 42. Bis ins Alter hatte sie eine Wespen-Taille von 50 Zentimeter Umfang.

Ernährung: Die Behauptung, die Kaiserin sei magersüchtig gewesen, weist Lichtscheidl entschieden zurück. „Keine Magersüchtige hat so ein Haar.“ Vielmehr habe sich Sisi für ihre Zeit ungewöhnlich bewusst ernährt. Sie aß Wild, viel Gemüse und Fisch. Wichtig war ihr Milch. Außerdem liebte sie das von ihrer Köchin hergestellte Veilchen-Eis. Strikte Regel: Nach 18 Uhr wurde nichts mehr gegessen. Drum stocherte die Kaiserin bei späten Banketten eher lustlos auf dem Teller herum.

Wesen: „Alles, was sie gern gemacht hat, war immer extrem“, meint Lichtscheidl. Dazu gehört der Sport, aber auch ihr Ehrgeiz zum Sprachen-Lernen. Aus Begeisterung für die Antike lernte sie Alt- und Neu-Griechisch. Aus Liebe zu Ungarn lernte sie die schwierige Sprache so gut, dass sie jederzeit mit ihren dortigen Untertanen in der Landessprache reden konnte. Die Kaiserin liebte die Natur, die Berge, das Meer und die Werke des Dichters Heinrich Heine. Ihre besten Freunde waren die vielen großen Vierbeiner (Irischer Wolfshund, Doggen), die im Schloss herumtollen durften.

Familie: Sisi hatte drei Töchter (Sophie, Gisela, Marie Valerie) und einen Sohn (Kronprinz Rudolf). Die von ihren Eltern angehimmelte Sophie starb zweijährig auf einer Reise nach Ungarn, zu der ihre Eltern sie mitgenommen hatten. Rudolf, der mit seinen aufgeschlossenen politischen Ansichten als späterer Kaiser viel hätte bewegen können, erschoss sich mit seiner Geliebten 1889. Elisabeths Liebe gehörte vor allem dem jüngsten Kind Marie Valerie. Sie wurde auch im Testament gegenüber ihrer Schwester Gisela bevorzugt.

Attentat: Eigentlich wollte der Anar­chist Luigi Lucheni einen französischen Adeligen in Genf ermorden. Der reiste aber nicht an. Elisabeth hielt sich mit ihrer Hofdame inkognito in Genf auf. Ein Zeitungsartikel enthüllte aber die Identität des prominenten Gastes. Lucheni stach ihr während eines Spaziergangs am See eine Feile in die Brust. Zunächst dachte die 60-Jährige, der Fremde habe ihr die Uhr stehlen wollen und rappelte sich auf. Erst Minuten später brach sie durch den Stich ins Herz tödlich getroffen zusammen.

Nachruhm: Schon zu Lebzeiten war die höchst extravagante Frau ein beliebtes Gesprächsthema. Die Umstände ihres Todes machten Sisi aber bald unsterblich. Filme entstanden und 1933 ein Fortsetzungsroman in einer Zeitung, der wesentliche Merkmale der legendären „Sissi“-Filme aus den 1950er Jahren vorwegnahm. 2017 besuchten 770 000 Touristen die Wiener Hofburg

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