Volksfeste vom Aus bedroht

Papenburg · Viele kleine Volksfeste stehen vor dem Aus. Der Schaustellerbund hofft, dass Jahrmärkte und Kirmessen bald als Kulturgut anerkannt sind. Aber sichert das die Zukunft der kleinen Rummel?

Publikumsmagneten wie das Münchner Oktoberfest, die Cannstatter Wasen in Stuttgart oder der Freimarkt in Bremen ziehen in Deutschland jedes Jahr 148 Millionen Besucher an. Dagegen ist die Zukunft vieler kleiner Volksfeste ungewiss. Schützen könnte sie eine Anerkennung als immaterielles Kulturerbe der Unesco, hofft der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, Albert Ritter. Ein Negativ-Beispiel ist für ihn das Schützenfest im niedersächsischen Hildesheim. Trotz jahrhundertelanger Tradition findet es nicht mehr statt. In seinem Verband wird eine "Rote Liste" geführt: Traditionsjahrmärkte, denen das Aus droht. Darauf finden sich Veranstaltungen wie der Bruchsaler Frühjahrsmarkt oder die Pforzheimer Mess. In den Kommunen gebe es kaum noch eine Lobby für diese Volksfeste, beklagt Ritter. Da werde dann einfach eine Kirmes, die ein Teil der Regionalgeschichte sei, gegen ein x-beliebiges Stadtfest eingetauscht. Oder die Kommunen opferten ihre angestammten Festplätze für ein Einkaufszentrum. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Volksfeste von 12 000 auf 9900 zurückgegangen, besagt eine Studie des Verbandes. Die Schausteller möchten nun, dass die deutschen Volksfeste zum immateriellen Kulturerbe der Unesco erklärt werden. Denn einer international anerkannten Kulturtradition mache kein Gemeinderat so einfach den Garaus, hoffen die Verbandsfunktionäre. Der Direktor des Museumsdorfes Cloppenburg in Niedersachsen, Uwe Meiners, gehört zu den Gutachtern des Schaustellerverbandes für den Antrag. Er stellt klar, dass es mit einer einfachen "Unterschutzstellung" der Volksfeste nicht getan sei. Hinter einem Volksfest steckten Akteure, die Besucher, die Kommunen und die Schausteller: "Alle drei müssen sagen, wir wollen das Volksfest." Zudem müssten sich auch die Schausteller fragen, ob das, was sie bieten, noch zeitgemäß sei. Vor 50 Jahren war die Kirmes noch ein großes Ereignis in den Kleinstädten. Heute seien die Menschen mobiler, das Unterhaltungsangebot auch in der Provinz sei größer geworden. "Wenn sich die Menschen nicht mehr mit dem Volksfest identifizieren, hat es auch keine Chance mehr", sagt Meiners. Ein positives Beispiel sei etwa der Stoppelmarkt in der niedersächsischen Stadt Vechta, der jedes Jahr 800 000 Menschen anziehe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort