Hype um vegane Burger Die Fleischlos-Pflanzerl

Saarbrücken · Die Euphorie um die veganen Burger der US-Firma Beyond Meat ist so groß, dass die Discounter Aldi und Lidl eigene Versionen anbieten. Hier ein Test.

  Die veganen Burger von Beyond Meat (unser Foto) sind nur schwer von der Fleisch-Variante zu unterscheiden. Die Discounter Lidl und Aldi wollen dem US-Produkt mit einer eigenen fleischlosen Version Konkurrenz machen.

Die veganen Burger von Beyond Meat (unser Foto) sind nur schwer von der Fleisch-Variante zu unterscheiden. Die Discounter Lidl und Aldi wollen dem US-Produkt mit einer eigenen fleischlosen Version Konkurrenz machen.

Foto: obs/Lidl

Der erste Biss entscheidet. Wow! Der vegane Burger von Beyond Meat schmeckt ausgezeichnet, ist saftig, angenehm würzig, leicht rauchig und von der Konsistenz echtem Rinderhack verblüffend ähnlich. Bei einer Blindverkostung und eingebunden in das übliche Burger-Ensemble aus Tomate, Salat, Zwiebeln, Käse, Ketchup, Senf und Bun würde es extrem schwerfallen, ihn von einer Fleisch-Variante zu unterscheiden. Damit erklärt sich der Hype, der sich um die Buletten aus US-Produktion entwickelt hat.

Im zweiten Quartal legte der Umsatz von Beyond Meat im Jahresvergleich um satte 287 Prozent auf 67,3 Millionen Dollar (60,4 Millionen Euro) zu. Eine Marge der Bratlinge, die der Discounter Lidl im Frühsommer exklusiv vertrieb, war ruckzuck vergriffen. Derzeit führen nur wenige Anbieter das vegane Patty im Sortiment, darunter der Mönchengladbacher Onlineversand gourmetfleisch.de und die Metro. Aber die Discounter wollen sich das Geschäft nicht aus der Hand nehmen lassen – und bieten aktuell dem Original fast haarklein nachempfundene Produkte aus eigener Herstellung an. Wir haben verglichen.

Zunächst einmal kommen alle drei Burger ziemlich gleichwertig daher. Hauptbestandteile sind jeweils eiweißhaltiges Erbsenpüree, Kokosnussöl und Rote-Bete-Saft, um Fleischsaft zu simulieren, dazu allerlei Pflanzenproteine, Kräuter und Gewürze sowie sonstige Zusatzstoffe. Auch der Kaloriengehalt ist ähnlich, genauso wie die Größe (113 Gramm). Beim Aussehen gibt es kleine Unterschiede. Der „Wonder-Burger“ von Aldi schimmert eher rötlich, der „Next-Level“-Burger von Lidl ist heller, etwas gröber und erinnert mit seinen Rillen am ehesten an ein Fleisch-Patty. Das Original von Beyond Meat wirkt sauber ausgestanzt und besitzt eine eher dunkle Färbung. Am intensivsten riecht die Lidl-Bulette, nach Rauch und Zwiebeln, die US-Variante besitzt ein dezentes Gemüse-Aroma, während das Aldi-Produkt eher neutral duftet. Vom Aussehen her liegt der „Next-Level“-Burger vorne. Bis die Pfanne ruft. Für alle drei Pattys gilt dieselbe Zubereitung: drei Minuten von jeder Seite braten. Während der Beyond Burger eine gleichmäßig braune Kruste bildet, bleibt die Lidl-Frikadelle blass, während die Wonder-Bulette ins Rotbraune übergeht. Gebraten hat das US-Original unter optischen Kriterien den Lidl-Konkurrent klar überholt.

Bleibt die Geschmacksprobe mit Garnitur und getoastetem Bun, in diesem Fall ein Ciabatta-Brötchen. Abgeschlagen auf dem dritten Platz landet der Aldi-Burger wegen seiner matschigen Konsistenz und seines aufdringlichen Gemüsearomas, das eher Assoziationen an Falafel hervorruft. Auch das Lidl-Produkt kann nicht überzeugen, es ist zu fest und erinnert ebenfalls eher an gepresstes Gemüse. Kein Vergleich auf jeden Fall zum würzigen Beyond Burger, dessen leicht bröckelige Textur von Rinderhack kaum zu unterscheiden ist, und der auch vom Mundgefühl her am ehesten an Fleisch herankommt. Trotz beinahe identischer Zutaten: Das Ergebnis fällt eindeutig zugunsten der Amerikaner aus.

Selbst bei einem Händler wie gourmetfleisch.de, der vor allem hochwertige Fleischspezialitäten vertreibt, wird der vegane Burger daher gut angenommen, sagt Sprecher Mariusz Licbarski. „Er ist einfach sehr gut gemacht und besitzt eigenen Charakter“, sagt er.

Ein pflanzliches Produkt, das Fleischesser überzeugt, das begeistert auch den Verband Proveg, vormals Vegetarier-Bund. Die Beyond-Buletten seien „Game-Changer“, weil sie wegen ihres Geschmacks im Gegensatz zu einem auch leckeren Dinkel-Grünkern-Bratling für eine breite Bevölkerung vermittelbar seien. Denn mehr als ein Drittel der Haushalte will laut der Gesellschaft für Konsumforschung ihren Fleischkonsum verringern, Tendenz steigend. Der Anteil der Vegetarier und Veganer an der Bevölkerung beträgt aber nur rund zehn Prozent.

Zwangsläufig gesund, weil pflanzenbasiert, sind die fleischlosen Burger aber nicht. Mit Grünkernbratlingen aus dem Naturkostladen haben sie nichts gemein, es handelt sich um hochverarbeitete Lebensmittel. So weisen Ernährungsforscher darauf hin, dass Fake-Varianten unter Gesundheitsaspekten keinen Fortschritt zu echtem Fleisch darstellen müssen. Der Anteil von Sodium und gesättigtem Fett sei in etwa gleich, warnte Diät-Coach Alissa Rumsey bei CNBC. Für Argwohn sorgt zudem, dass Produkte aus den Laboren von Beyond Meat und dem Rivalen Impossible Foods eigentlich dem Inbegriff unter Öko-Gesichtspunkten verpönter industriell verarbeiteter Lebensmittel entsprechen.

Dafür wirbt Beyond Meat mit der Umweltverträglichkeit seines Burgers. So würde im Vergleich zur Massentierhaltung bei der Herstellung 99 Prozent weniger Wasser und 93 Prozent weniger Land verbraucht, dazu kämen weder Antibiotika noch Hormone zum Einsatz. In einer von Beyond Meat beauftragten Studie errechnete die Uni Michigan zudem, dass der Burger 90 Prozent weniger Treibhausgasemissionen verursache. Auch bestätigen deutsche Umweltexperten die Vorteile fürs Klima. So liegen die Treibhausgasemissionen bei einem 100 Gramm-Burger bei 1,3 Kilogramm CO2-Äquivalenten, bei 100 Gramm frischen Erbsen bei 0,08 Kilogramm und bei Dosenware bei 0,12 Kilogramm, zitiert der „Tagesspiegel“ das Umweltbundesamt. Damit ist die Ökobilanz wohl trotz des Importwegs nach Europa besser als die von Industriefleisch.

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