Veganes Glockenspiel war „nett gemeint“

Limburg · Limburgs Bürgermeister äußert sich nach bundesweiter Empörungswelle.

 Das Glockenspiel des Limburger Rathauses ist wegen einer Veganerin deutschlandweit in die Schlagzeilen geraten. Foto: dpa

Das Glockenspiel des Limburger Rathauses ist wegen einer Veganerin deutschlandweit in die Schlagzeilen geraten. Foto: dpa

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Dass der Bundesbürger beim Thema Fleisch nicht allzu viel Spaß versteht, davon können vor allem die Grünen mit ihrem Veggie-Day ein Lied singen. Jetzt geht es wieder um Musik - und die Empörung ist ähnlich groß wie im Bundestagswahlkampf 2013. Es geht um ein Kinderlied, eine Veganerin und einen Bürgermeister. Volkes Meinung schwankt zwischen Kopfschütteln und Entrüstung. Entsprechend gepfefferte Mails und Anrufe erreichen derzeit die Stadt Limburg, in der die Geschichte spielt. "Die Reaktionen sind unverständlich und überzogen", sagt Sprecher Johannes Laubach am Freitag. Er berichtet von Beschimpfungen, Beleidigungen und sogar von Rücktrittsforderungen gegen den Rathauschef. Wundern tut ihn das allerdings nicht: Auf Behörden und Minderheiten wie eben Veganer werde gerne draufgehauen.

Und das alles, weil der Bürgermeister auf Bitten einer empfindsamen Limburgerin vorübergehend den Kinderlied-Klassiker "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" aus dem Repertoire für das Glockenspiel am Rathaus gestrichen hat. Das Stück ist im 19. Jahrhundert - lange vor dem aktuellen Trend zur rein pflanzlichen Ernährung - entstanden und galt bislang als weitgehend harmlos. Zumindest haben seither Generationen von Kindern gesungen, dass der Fuchs das gestohlene Federvieh hergeben solle, weil ihn sonst der Jäger mit dem Schießgewehr hole. Kaum einer nahm öffentlich Anstoß an den fuchsfeindlichen Zeilen. Bis jetzt.

Die Limburgerin habe ihn nett gefragt, "ob man das Lied nicht aus dem Programm nehmen könne, weil sie sich als Veganerin damit nicht wohl fühlt", sagte Bürgermeister Marius Hahn (SPD) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Frau arbeitet demnach in der Nähe des Rathauses, hörte häufig die Melodie und hatte dann offenbar immer den Text vor Augen. "Und wer bin ich, ihr so einen freundlich vorgetragenen Wunsch abzuschlagen? Ich habe es nett gemeint", sagte Hahn. Ideologie habe keine Rolle gespielt, und er wolle keinen Glaubenskrieg zwischen Fleischessern und Veganern anzetteln.

Die Tierrechtsorganisation Peta äußerte bereits Verständnis für die Limburgerin und bat den Bürgermeister, das Lied dauerhaft aus dem Programm zu nehmen. "Altertümliche Lieder wie dieses oder auch Märchen wie Rotkäppchen sind leider noch immer weit verbreitet und senden vor allem an Kinder ein falsches Zeichen, indem sie ein schlechtes Licht auf bestimmte Tiere werfen."

 Bürgermeister Hahn (SPD) hat Probleme mit Fuchs und Gans. Foto: Stadt/dpa

Bürgermeister Hahn (SPD) hat Probleme mit Fuchs und Gans. Foto: Stadt/dpa

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Über den Limburger Fall berichten seit Donnerstag zahlreiche Medien, häufig augenzwinkernd. Radiomoderatoren regten bereits "vegane" Lieder als Alternativen an: "Blau, blau, blau blüht der Enzian" oder "Vielen Dank für die Blumen". Die humorvolle Verarbeitung passt zur Entstehungsgeschichte der Fuchs-Verwicklung. Bürgermeister Hahn habe die Bitte der Veganerin zunächst in einer Büttenrede aufs Korn genommen, berichtet der Stadtsprecher. In Anspielung auf seinen Nachnamen reimte er: "Der Hahn, der Hahn ist nicht vegan und er sagt's ganz unverhohlen: Fuchs, du hast die Gans gestohlen." Als kleine Geste sei dann das Lied vorerst aus dem Programm genommen worden. Aber: "In einigen Wochen wird es wieder gespielt."

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