Düsseldorf Überraschung im Düsseldorfer IS-Prozess

Düsseldorf · Der Hauptangeklagte Saleh A. nimmt die Vorwürfe gegen seine Komplizen zurück.

 Mahood B. sitzt seit einem Jahr in Haft. Mit den neuen Aussagen gibt es vermutlich kaum noch Gründe, ihn weiter einzusperren.

Mahood B. sitzt seit einem Jahr in Haft. Mit den neuen Aussagen gibt es vermutlich kaum noch Gründe, ihn weiter einzusperren.

Foto: dpa/Marcel Kusch

„Mit diesen Angaben hat niemand gerechnet“, bekennt die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza. Fünf Prozesstage lang lässt sich der Syrer Saleh A. (30) im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts vernehmen. Geduldig beantwortet der mutmaßliche IS-Terrorist Stunde um Stunde alle Fragen. Am fünften Tag ist es damit vorbei. Als Havliza ihm am Freitag unverblümt Widersprüche zu früheren Aussagen präsentiert, wird Saleh A. laut und redet immer schneller. Dabei lässt er einen Teil des Kartenhauses einstürzen, das er zuvor in unzähligen Vernehmungen aufgebaut und das seine beiden Mitangeklagten ins Gefängnis und vor Gericht gebracht hat: „Ich habe nicht die Wahrheit gesagt. Sie haben überhaupt nichts damit zu tun.“

Gemeint ist sein Auftrag, in Düsseldorf ein zehnköpfiges Terrorkommando des Islamischen Staates wüten zu lassen. Den Auftrag für den Anschlag habe er zwar bekommen, er habe ihn aber mit ganz anderen Leuten begehen sollen. Die habe er bis heute nicht kennengelernt. Der Syrer Saleh A. hatte sich in Paris der Polizei gestellt, als Kopf einer IS-Terrorzelle zu erkennen gegeben und ein umfassendes Geständnis abgelegt. Dabei belastete er seine beiden Mitangeklagten schwer.

Die französische Polizei habe ihm versprochen, seine Frau und sein Kind nachzuholen und ihn freizulassen. Weil sich die Polizei daran nicht gehalten habe, habe er falsche Details aufgetischt. „Ich wollte der Lüge der Polizei eine Lüge entgegensetzen“, sagt er. „Ich habe Dankbarkeit erwartet. Dieses Wort gibt es in Europa nicht.“ Richterin Havliza hält dagegen: „Sie haben sich schlicht verzockt. Ihr Freund Mahood sitzt seit einem Jahr deswegen im Gefängnis. Haben sie kein schlechtes Gewissen?“, fragt sie. „Doch ja, deswegen erzähle ich das ja“, erwidert Saleh A. Mit der neuen Version gerät das Gericht in Zugzwang. Zumindest für Mahood B. gibt es nun wohl kaum noch Gründe, ihn weiter einzusperren.

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