Tsunami-Katastrophe in Indonesien „Hier hilft uns einfach niemand“

Palu · Nach dem Beben und Tsunami in Indonesien ist die Not der Überlebenden groß – die Kritik an den Behörden ebenfalls.

 Chaos und Zerstörung herrschen im indonesischen Palu, wie nicht nur das Auto zeigt, das durch den Tsunami auf ein Hausdach geschleudert wurde. Bislang sind 844 Tote gemeldet – aber es werden weitere befürchtet.

Chaos und Zerstörung herrschen im indonesischen Palu, wie nicht nur das Auto zeigt, das durch den Tsunami auf ein Hausdach geschleudert wurde. Bislang sind 844 Tote gemeldet – aber es werden weitere befürchtet.

Foto: dpa/Tatan Syuflana

Normalerweise lockt das von Deutschen geführte Prince-John-Tauchresort Urlauber mit „schönen, unberührten Plätzen zum Tauchen und Schnorcheln“. Die 15 Bungalows liegen an der Westküste von Indonesiens viertgrößter Insel Sulawesi, oben an der Spitze der Bucht von Palu. Das ist die Gegend, wo die Erde am Freitagabend besonders schlimm gebebt hat und der Tsunami als erstes auf die Küste traf.

Die zwei Dutzend Touristen, die dort gerade Urlaub machen, größtenteils Bundesbürger, haben die Ka­tastrophe alle überlebt. „Mit einem Mal kam mit gewaltiger Wucht eine riesige Menge Wasser auf uns zu“, erinnert sich Tauchlehrerin Anna Kirstein. „Aber wir hatten großes Glück. Keiner unserer Gäste ist verletzt.“ Nur ein paar hundert Meter weiter weg am Strand und auch in Donggala, der nächsten Gemeinde, gab es Tote.

Wie viel Glück die Tauch-Urlauber tatsächlich hatten, wird deutlich, wenn man die Bilder sieht, die es von anderen Orten entlang der Küste gibt. Die Szenen aus der 350 000-Einwohner-Stadt Palu sind um die Welt gegangen. Jetzt sieht man Helfer, die mit den Händen graben. Bagger, die Massengräber ausheben. Leichensäcke in gelb und orange.

Immer noch hat niemand eine Ahnung, wie groß das Ausmaß dieser Katastrophe ist. Die Behörden beziffern die Zahl der Todesopfer am Montag auf mindestens 844. Und das sind nur die Toten aus Palu. In manche Gebiete haben es die Helfer immer noch nicht geschafft, auch nach drei Tagen noch nicht. Befürchtet wird, dass letztlich Tausende innerhalb von wenigen Minuten ihr Leben verloren haben. Vermutlich wird es noch einige Tage dauern, bis man einigermaßen Bescheid weiß.

Die Not der Überlebenden ist groß. Viele beklagen, dass sie von den Behörden allein gelassen werden. „Hier hilft uns einfach niemand, nicht einmal mit einem Glas Wasser“, sagt Mahmud, ein älterer Mann in Palu. Er hat seine Frau verloren. Die Leiche musste er selber aus den Trümmern graben. Ein Nachbar, Amir Sidiq, erzählt: „Hier ist nicht einmal jemand, um Beisetzungen zu organisieren. In ein oder zwei Tagen wird es nach Leichen riechen.“

Dass es an einigen der wichtigsten Dinge fehlt, geben auch die Behörden zu. Der Leiter der staatlichen Suchtrupps in Palu, Nugroho Budi Wiryanto, sagt: „Es gibt kaum schweres Gerät und praktisch keinen Treibstoff. Das macht uns die Rettung von Opfern sehr schwer.“ Weil der Strom ausgefallen ist, fliegt das indonesische Militär Generatoren ein. Wenigstens der Flughafen von Palu ist wieder geöffnet, trotz der Schäden auf der Landebahn. Raus kommt trotzdem kaum jemand, obwohl Tausende darauf warten und hoffen. Angesichts all der Not bat Indonesiens Präsident Joko Widodo um internationale Hilfe. Angebote zur Unterstützung gibt es schon einige: Die EU-Kommission stellte in einem ersten Schritt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung.

 Zunächst einmal geht es darum, die schlimmste Not zu lindern. Langsam werden auch die Lebensmittel knapp. In Palu gab es schon die ersten Plünderungen. „Wir haben seit drei Tagen nichts mehr gegessen“, schreit eine Frau in die Kameras. An den Tankstellen stehen die Menschen in langen Schlangen für Benzin an. Und auch die Gäste des Prince-John-Resorts werden noch ein wenig Geduld haben müssen, bevor sie zurück nach Hause können. „Wir haben Angst, weil wir überhaupt nicht wissen, wie wir die Leute von hier wegbekommen“, sagt Kirstein. „Wir haben keine Autos, kein Benzin. Und wir haben nur noch für ein paar Tage zu essen und zu trinken.“

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