"Tut der Dax sich weh?"

Berlin. Wie viele Gummibärchen "Herr Haribo" denn selber am Tag nascht, will die kleine Lili aus Berlin in ihrem Brief an den Bonner Süßigkeitenhersteller wissen. Als Antwort gibt es einen Werbetext, etwas Süßes und eine Broschüre. Die Hotelkette Hilton zeigt, dass es auch individueller geht

Berlin. Wie viele Gummibärchen "Herr Haribo" denn selber am Tag nascht, will die kleine Lili aus Berlin in ihrem Brief an den Bonner Süßigkeitenhersteller wissen. Als Antwort gibt es einen Werbetext, etwas Süßes und eine Broschüre. Die Hotelkette Hilton zeigt, dass es auch individueller geht. Auf die Frage von Christoph, wie er Hotelmitarbeiter werden kann, kommt ein persönlicher Brief samt Einladung.

Weder Lili noch Christoph haben die Briefe geschrieben. Sie stammen von der Journalistin und früheren SPD-Pressesprecherin Marion Uhrig-Lammersen und dem Publizisten Hans-Jürgen Arlt. Authentisch sind dagegen die Antworten der Unternehmen, Verbände, Parteien und Politiker, die gesammelt und als Faksimile abgedruckt unter dem Titel "Tut der Dax sich weh, wenn er fällt?" erscheinen und gestern vorgestellt wurden. Nicht immer werfen sie dabei ein gutes Licht auf ihre Absender.

Den Bonbon-Produzenten Storck fragt der fiktive Ben, ob es auch Schokolade mit weniger Zucker gebe. Die wenig erhellende Antwort von Storck: Das Rezept lasse sich nicht ändern, weil der Geschmack sehr beliebt sei. "Wir freuen uns, dass du ein großer Fan unserer Storck-Marken bist", heißt es weiter. Das hatte Ben allerdings keineswegs geschrieben.

101 Briefe wurden verschickt, 64 Antworten kamen zurück. Manche knapp oder nichtssagend, andere leuchtende Beispiele für gelungene Kommunikation. Der Energiekonzern RWE verneint zwar die Frage nach einem Stromgutschein für Lilis Oma, bietet aber eine Beratung zum Energiesparen an. Air Berlin erläutert ausführlich, warum es im Flugzeug keine Milch gibt: "Ein Kühlschrank passt ja leider nicht in den Flieger."

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück greift selbst zum Stift. Er bietet Ben an, sich bei seiner Sekretärin zu melden, um nach einem Termin für ein Schachspiel zu suchen. Und empfiehlt dem Jungen, der seine Schwester Lili beim Schach nur zugucken lassen will, gnädiger zu sein. "Inzwischen sind die Mädchen oft cleverer als die Jungen."

Gut machen sich auch die CDU, der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin ("Ich sollte eigentlich immer einen Fahrradhelm tragen") und einige Ministerien. Negativbeispiele sind das Wirtschaftsministerium ("Gehört nicht zu unseren Aufgaben") und der DGB ("Seminare nur für unsere Beschäftigten").

Hochpädagogisch gebärden sich die Sozialdemokraten. Warum ist alles bei ihnen rot, lautet die Frage der vermeintlich zehnjährigen Lili. Die Antwort, persönlich unterschrieben von Parteichef Sigmar Gabriel, enthält eine sieben Absätze lange historische Abhandlung mit ausführlichen Erklärungen des Parteivorstandes im besten SPD-Deutsch. Vorsorglich notiert der Autor: "Vielleicht musst Du Deinen Papa oder Deinen Bruder fragen, wenn Du hier etwas nicht verstehst."

Etwas nebulös bleibt auch die Antwort der Deutschen Börse auf die Frage nach dem Zustand des Dax. Der Dax sei "kein Tierchen, sondern ein Symbol für den Zustand unserer Wirtschaft".

Uhrig-Lammersen sagt: "Es geht um Kommunikation und darum, ob man Kunden und Kinder ernst nimmt." Keiner der Adressaten habe gewusst, dass die Briefe nicht echt seien. Ihr Urteil: Wer auf einen handgeschriebenen Kinderbrief nicht antworte, zeige sein deutliches Desinteresse. dpa

Foto: M. Nieklski/dpa

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