Trinkgeld-Revolution in den USA

Washington · Ein New Yorker Gastronom will, das Trinkgeld (Tip) in den USA abschaffen. Er möchte den Grundlohn von Kellnern erhöhen und so erreichen, dass diese auch ohne Tip von einem Job in der Gastronomie leben können.

Danny Meyer will die New Yorker Gastronomie revolutionieren. Er setzt aber nicht auf aufregende Gerichte. Vielmehr hat er beschlossen, das Trinkgeld abzuschaffen. Von November an gilt das für all seine 13 Lokale. Unter denen befindet sich mit dem Restaurant "Modern" im Hof des Museum of Modern Art in Manhattan sogar ein ziemliches Juwel. Doch dieses Signal soll eine Wirkung entfalten, die weit über das Danny-Meyer-Imperium hinausreicht. Wohlgemerkt geht es um einen atemberaubenden Wandel: Um den Abschied vom sogenannten Tip.

Tip steht abgekürzt für die Floskel "To Insure Promptitude", sich prompter Bedienung versichern. Und damit diese gewährleistet wird, fällt das Trinkgeld in amerikanischen Restaurants opulent aus. Der Kellnerin beziehungsweise dem Kellner stehen 15, 18 oder 20 Prozent Trinkgeld zu. Damit der Kunde nicht lange grübeln muss, wird der Betrag zur Orientierung oft gleich mit auf die Rechnung gedruckt - in drei Varianten, verbunden mit der unausgesprochenen Aufforderung, auf gar keinen Fall unter der niedrigsten zu bleiben. Wobei 15 Prozent in Städten wie New York oder Washington schon als knausrig gelten und 25-prozentige Aufschläge allmählich zur Norm werden.

Übrigens, bei "Miss Manners", der Benimmberatungsrubrik der "Washington Post", ging es einmal um folgende Frage: Wie soll sich ein Norweger, der schon seit geraumer Zeit in den USA lebt, doch nach wie vor nicht an die Philosophie des Trinkgeldzahlens glaubt, im Angesicht der Rechnung verhalten? Die Antwort fiel ziemlich kurz aus. "Sagen Sie Ihrem Freund, er braucht an die Philosophie nicht zu glauben. Alles was er tun muss, ist, den Tip zu berappen." Falls er etwas auszusetzen habe, möge er sich ans Management wenden, seinem Ärger aber um Himmels willen nicht in Form gekürzten Trinkgelds Ausdruck verleihen. Schließlich gleiche das Trinkgeld nur aus, was an Grundgehalt fehle. Ohne es komme kein Kellner über die Runden.

Der gesetzliche Mindestlohn, liegt in den meisten Bundesstaaten bei 7,25 Dollar (6,8 EUro) pro Stunde. Er gilt oft nicht für Beschäftigte, die regelmäßig Tips kassieren. Für sie gilt ein Sub-Mindestlohn, und der ist in New York 2011 auf fünf Dollar (4,7 Euro) gestiegen, nachdem er lange bei 2,13 Dollar (2 Euro) eingefroren war.

Danny Meyer will dieses System reformieren. Er will den Grundlohn anheben, sodass Kellner auch ohne Tip von ihrem Job leben können. Zwar werden die Speisekarten seiner Etablissements höhere Preise ausweisen, unterm Strich aber dürfte es aufs Gleiche hinauslaufen. Ob er zufrieden war oder nicht, soll der Gast fortan durch die Vergabe von Sternchen erkennen lassen. Das Bewertungssystem, glaubt Meyer, sei präziser als jenes, bei dem ein 15-Prozent-Obolus die Mindestpflicht sei und sich so gut wie niemand wage, die Marke zu unterschreiten.

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