Tresen-Trauer im Traditionspub

London. "Früher war dieser Pub jeden Abend proppenvoll", sagt Chris Carpenter und nimmt einen Schluck Bier. Der 60-jährige Lastwagenfahrer schaut durch den Schankraum des "Prince of Wales" in Wandsworth im Südwesten Londons. Ein rot-brauner Teppich, eine Dart-Scheibe in der Ecke und die Theke aus dunklem Holz vermitteln einen leicht morbiden Charme

London. "Früher war dieser Pub jeden Abend proppenvoll", sagt Chris Carpenter und nimmt einen Schluck Bier. Der 60-jährige Lastwagenfahrer schaut durch den Schankraum des "Prince of Wales" in Wandsworth im Südwesten Londons. Ein rot-brauner Teppich, eine Dart-Scheibe in der Ecke und die Theke aus dunklem Holz vermitteln einen leicht morbiden Charme. Carpenter sitzt hier seit 42 Jahren jeden Abend. Doch nur sechs weitere Gäste schlürfen hier an diesem Abend ihr Bier.

Sie bestätigen den Trend, dass die traditionelle Pub-Kultur allmählich ausstirbt. Gefragt sind so genannte Gastro-Pubs, die mehr als nur Pint-Bier und Chips bieten. Ein Pint ist ungefähr ein halber Liter.

Das Pub-Sterben belegen die neuesten Zahlen der Britischen Brauerei- und Pub-Vereinigung BBPA: 52 "Public Houses" machen demnach mittlerweile pro Woche dicht. Das ist ein Drittel mehr als vergangenes Jahr. 2005 waren es nur zwei Pubs pro Woche. So lag die Zahl der Kneipen in Großbritannien über Jahre hinweg stabil bei 60 000. Inzwischen ist sie auf knapp 53 000 gesunken. Als Gründe werden genannt: Inflation, Rauchverbot, Rezession und steigende Arbeitslosigkeit.

"Am meisten Probleme haben die traditionellen Community-Pubs, die keiner großen Kette angehören", sagt Gareth Barrett, Sprecher der Vereinigung. Moderne Pubs hätten bessere Chancen, zu überleben.

Einer dieser Pubs ist "The Old Sergeant", zwei Kilometer vom "Prince of Wales" entfernt. Das Gasthaus hat seinen Umsatz im Geschäftsjahr 2008/2009 im Vergleich zum Vorjahr um ein Fünftel gesteigert. Auf der Speisekarte stehen Burger, Fish & Chips und das Full English Breakfast. Regelmäßig gibt es Sport auf Großbildschirmen.

An einem Tisch am Fenster sitzt Carole Bushell. "Früher waren die Kneipen noch Treffpunkt für die englische Arbeiterklasse", erinnert sich die 58-Jährige. Heute sei das anders: "Das Ambiente in den Kneipen ist überheblicher geworden. Der einfache Mann würde sich hier nicht mehr wohlfühlen."

Dass Pubs heutzutage etwas tun müssen, um Kunden anzulocken, scheint angebracht. Auch Bushell, die als Selbstständige an "vorderster Front die Wirtschaftskrise erlebt", hat ihr Ausgeh-Budget gekürzt: "Es ist einfach zu teuer geworden, jeden Abend in der Kneipe zu verbringen", sagt sie.

Die Rezession wirkt sich auch auf Carpenters Geldbeutel aus: Statt fünf Tage arbeitet er nur noch vier Tage die Woche. Deswegen weniger ins Pub zu gehen, sieht er nicht ein. "Schließlich treffe ich mich hier mit meinen Leuten", sagt er. Auch wenn es weniger geworden sind im Vergleich zu früher.

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