Waldbrände in Griechenland Tödliches Inferno bei Athen

Athen · Mehr als 70 Menschen sterben durch verheerende Waldbrände in Griechenland.

 Verbrannte Autos, schockierte Überlebende, viele Tote: In den betroffenen Orten (hier Mati) zeigte sich gestern das Ausmaß der Katastrophe.

Verbrannte Autos, schockierte Überlebende, viele Tote: In den betroffenen Orten (hier Mati) zeigte sich gestern das Ausmaß der Katastrophe.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Die Regierung spricht von einer „nationalen Tragödie“, Polizei und Feuerwehr nennen es das „schlimmste mögliche Szenario“. Selbst diese dramatischen Worte können das Grauen kaum fassen nach den verheerenden Waldbränden im dicht bewohnten Feriengebiet im Osten und Westen Athens. Mindestens 74 Menschen kamen in den Flammen ums Leben, viele von ihnen verbrannten lebendig. Unter den Opfern sollen viele Kinder sein. Und das ist nur eine vorläufige Bilanz – mehrere Menschen wurden gestern noch vermisst. Ein riesiges Gebiet von gut 40 Quadratkilometern wurde zerstört. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die meisten Brände konnten unter Kontrolle gebracht werden.

Die schlimmsten Szenen müssen sich am Montag in der Region der Hafenstadt Rafina abgespielt haben, rund 25 Kilometer östlich von Athen. Rettungsmannschaften entdeckten gestern Morgen 26 Leichen an einem Steilhang. „Der Einsatzleiter weinte“, berichtet ein Reporter vor Ort und beschreibt das ganze Drama: Die Opfer, darunter viele Familien, hatten versucht, den Flammen zu entkommen und waren von ihren Häusern in Richtung Küste gerannt. Doch den schmalen Pfad finden sie in dem dichten Rauch und in ihrer Panik nicht. Die Flammen kommen von allen Seiten. Die Flüchtenden bleiben stehen, umarmen sich ein letztes Mal – und sterben. Andere Reporter berichten von einer Frau, die mit ihrem Kind in einem Haus in der Ortschaft Mati entdeckt wurde. Die Mutter hatte ihr Kind schützend mit ihrem Körper abgeschirmt, bevor beide verbrannten.

„Inferno“, „Hölle“, „Schutt und Asche im Großraum Athen“ – die Schlagzeilen der griechischen Presse beschreiben das enorme Ausmaß der Feuersbrunst. Waldbrände gibt es in Griechenland immer wieder im Sommer – sie gehören zum Alltag der Einsatzkräfte. Alle fragen sich nun, wie es zu dieser Tragödie kommen konnte. Der Zivilschutz hatte bereits am Sonntag vor großer Waldbrandgefahr gewarnt. Es hatte fast zwei Wochen lang nicht geregnet, bei Temperaturen bis 39 Grad. Am Montag kam starker Wind hinzu.

Zunächst brach ein Brand im Westen Athens aus. Ursache unbekannt, heißt es von der Feuerwehr. Mehrere Häuser wurden zerstört, Todesopfer gab es aber nicht. Um die Mittagszeit kam die Katastrophe: Neue Feuer entstanden im Osten der Hauptstadt. Die bereits stark geforderten Feuerwehrleute, die Löschflugzeuge und Hubschrauber mussten nun an zwei großen Fronten kämpfen. Und diese – entlang der Ostküste Athens – ist ein riesiges Urlaubsgebiet. Pinienwälder überall und mittendrin verstreut Tausende Ferienhäuser und -wohnungen. Viele Athener haben dort ihren zweiten Wohnsitz für den Sommer. Als die Flammen kommen, retten sich viele in Boote und an den Strand – aber eben nicht alle.

Der Bürgermeister von Rafina, Vangelis Bournous, spricht im Radio aus, was viele befürchten: Die Opferzahl könnte noch steigen. „Wir suchen von Haus zu Haus. Ich gehe von 60 Opfern aus“, sagt er. Allein in seiner Region sollen mindestens 1200 Häuser zerstört sein. Auch das Staatsfernsehen zeigt das Ausmaß der Katastrophe. Ganze Wohnviertel in Mati, Nea Makri und Rafina mit völlig zerstörten oder schwer beschädigten Häusern. Hunderte verbrannte Autos, die ihre Besitzer auf der Flucht mitten auf der Straße abgestellt hatten. Verstörte und verletzte Tiere irren herum.

 Einsatz rund um die Uhr: Während der ganzen Nacht auf Dienstag waren hunderte Feuerwehrleute in den Brandgebieten im Einsatz.

Einsatz rund um die Uhr: Während der ganzen Nacht auf Dienstag waren hunderte Feuerwehrleute in den Brandgebieten im Einsatz.

Foto: dpa/Thanassis Stavrakis

Ein schwacher Trost für die Region: Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras, der Staatstrauer anordnete, will die Ursachen klären. Hilfe kommt auch aus der EU. Mehrere Länder sagten die Entsendung von Löschflugzeugen zu. Zudem kündigte sich Regen an.

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