Tödliche Gefahr auf den Gleisen
Tarp/Berlin · In diesen Tagen häufen sich Unglücke an Bahnübergängen. Allein am vergangenen Wochenende kam es zu zwei Unfällen. Die Bahn reduziert zwar ihre Bahnübergänge – es gibt aber immer noch Tausende davon.
Innerhalb weniger Tage hat es fünf schwere Unfälle an Bahnübergängen in Deutschland gegeben. Dabei starben zwei Menschen, etwa 30 wurden verletzt. So rammte am Samstag ein Güterzug in Tarp bei Flensburg mit hohem Tempo zwei Autos. Die beiden Fahrer wurden schwer verletzt aus ihren Fahrzeugen geborgen. Gestern kollidierte ein Zug der Nord-Ostsee-Bahn mit einem Auto. Ein älteres Ehepaar und sein Enkelkind kamen mit einem Schock davon. Angesichts der Häufung der Unfälle fordern Verkehrsexperten bessere Schutzmaßnahmen an Bahnübergängen.
Nach Angaben der Deutschen Bahn gehen die Unfälle an Übergängen jedoch zurück. Oft spiele bei den Unglücken Leichtsinn eine Rolle. "Über 90 Prozent dieser Kollisionen könnten durch richtiges Verhalten der Verkehrsteilnehmer vermieden werden", teilte ein Sprecher mit. Die Bahn reduziere die Zahl der Übergänge. Rund 4800 Anlagen konnten seit 2004 demnach bereits beseitigt werden, weitere wurden mit einer technischen Sicherung ausgestattet oder durch Über- oder Unterführungen ersetzt. Nach Angaben des Sprechers gab es 2013 bundesweit noch 18 117 Bahnübergänge, von denen etwa 60 Prozent technisch gesichert waren - etwa 20 Prozent mit Schranken, rund 70 Prozent mit Halbschranken und zehn Prozent mit Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen.
Bei der Kollision in Schleswig-Holstein wurde ein Pkw 50 Meter mitgeschleift. An dem Bahnübergang wurde der Bundespolizei zufolge gebaut, die Schranke musste manuell bedient werden. Sie war zum Zeitpunkt des Unglücks nach Zeugenaussagen vermutlich geöffnet. Der Zugführer stand unter Schock und konnte zunächst nicht dazu befragt werden, wie Bundespolizei-Sprecher Hanspeter Schwartz sagte. Auch eine Aussage des Bahnüberwachungspostens, der für die Bedienung der Schranken zuständig war, stand am Sonntag noch aus.
Die Allianz pro Schiene fordert, das ab März 2018 verpflichtend für Pkw und leichte Lastwagen vorgeschriebene Notrufsystem eCall zu erweitern. Anstatt den GPS-gestützten Notruf nur an die allgemeine Notrufnummer 112 abzusetzen, müsse es festinstalliert eine eigenständige Notfunktion für Gefahrensituationen an Bahnübergängen geben, erläuterte der Geschäftsführer des Verkehrsbündnisses, Dirk Flege, im ARD-Magazin "brisant". "Wir können uns für die eCall-Erweiterung sogar einen zweiten Knopf vorstellen, der auf dem Armaturenbrett neben dem typischen Straßenverkehrsunfall deutlich sichtbar für Notlagen auf Bahnübergängen reserviert ist."
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HintergrundSchwere Unfälle an Bahnübergängen in den vergangenen Monaten:November: Im niedersächsischen Lastrup kollidiert eine Regionalbahn mit dem Anhänger eines Sattelzugs, der auf den Gleisen steht. Drei Menschen werden leicht verletzt. Ein Regionalzug in Bayern rast auf einem Bahnübergang in einen Schwertransporter, der Lokführer und der Lkw-Fahrer sterben. 18 Menschen werden verletzt. Auf der Strecke zwischen Oldenburg und Bremen gibt es sieben Verletzte bei einer Kollision zwischen einem Zug und einem Sattelschlepper.September: Fünf junge Männer sterben, als ein Regionalzug auf einem Bahnübergang bei Bad Kreuznach in ihr Auto rast. Laut Ermittlern waren die Halbschranken geschlossen.Mai: Als ein Gülletransporter bei Ibbenbüren einen Bahnübergang überquert, löst sich der Anhänger und bleibt auf den Gleisen stehen. Eine Regionalbahn rammt ihn. Bilanz: zwei Tote. dpa