Urteil zu mild Todes-Raser müssen doch ins Gefängnis

Karlsruhe/Köln · Bei einem Auto-Rennen stirbt eine Studentin. Doch die Urteile gegen die Fahrer sind dem Bundesgerichtshof zu mild.

Ein Kreuz in Gedenken an den 69-Jährigen, der in Mönchengladbach bei einem illegalen Autorennen starb. Der BGH verkündete härtere Strafen .

Foto: dpa/Federico Gambarini

(dpa) Kein Urteil der Welt kann etwas daran ändern, dass Miriam nicht mehr nach Hause kommt. Am 14. April 2015 nicht, und auch danach nie wieder. Die Eltern und der Freund warten vergeblich mit dem Abendessen. Gegen 18.45 Uhr ist Miriam mit dem Rad auf dem Rückweg von der Uni, als ihr im Kölner Auenweg zwei Autos um die Wette entgegenrasen. Als es das eine aus der Kurve trägt, ist sie zur falschen Zeit am falschen Ort. Die 19-Jährige schleudert in ein Gebüsch, wenig später ist sie tot.

Das Landgericht Köln hat die beiden Männer am Steuer, am Unfalltag 22 und 21 Jahre alt, im April 2016 zu zwei und eindreiviertel Jahren Haft verurteilt – auf Bewährung. Für die Familie unverständlich: Das Urteil sei „wie ein Freispruch“ gewesen, erinnert sich der Vater. Nun wird den Angehörigen vielleicht ein bisschen Frieden zurückgebracht. Der Bundesgerichtshof (BGH) lässt den Kölner Richtern die Bewährungsstrafen nicht durchgehen. Der Fall muss in diesem Punkt von einer anderen Strafkammer neu entschieden werden. Die obersten Strafrichter in Karlsruhe haben dabei nicht nur die Familie im Blick. Man müsse schließlich auch bedenken, welche Auswirkungen so ein Urteil auf das Rechtsempfinden der Bevölkerung hat, sagt die Vorsitzende Richterin Beate Sost-Scheible.

Welche Strafe für so eine Tat angemessen ist, ist schon länger ein Thema. Im Februar verurteilt das Berliner Landgericht zwei Autoraser zu lebenslanger Haft wegen Mordes – so eine Entscheidung gab es noch nie. Die Männer waren nachts ohne Rücksicht auf rote Ampeln mit bis zu 170 Stundenkilometern den Kudamm entlanggerast. Einen 69-Jährigen, der aus einer Seitenstraße kam, kostete diese Fahrt das Leben.

Die Kölner Täter treffen sich am 14. April 2015 zufällig. Spontan brechen sie gemeinsam auf zu den Rhein-Terrassen, die Sonne scheint. Von Anfang an sind sie schnell unterwegs, der ältere im BMW, der jüngere im Mercedes-Cabrio seiner Eltern. An einer Ampel fangen sie an, mit dem Gaspedal zu spielen, lassen die Motoren aufheulen. „Spätestens jetzt“, so steht es in dem Kölner Urteil, ist es ein „Kräftemessen“.

Der Mercedes klebt dem BMW fast an der Stoßstange, „wie bei einem Formel-1-Rennen“, sagt eine Zeugin später. Bei Tempo 95 bekommt es der Vordere mit der Angst zu tun, aber da ist es zu spät. Sein Auto prallt gegen den Bordstein und schleudert auf den Radweg.
Das Landgericht hat die Männer wegen fahrlässiger Tötung verurteilt – ihnen hätte klar sein müssen, dass sie durch ihre Fahrweise Menschenleben gefährden. Das greift auch die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision nicht an. Der BGH hält die verhängten zwei beziehungweise eindreiviertel Jahre für vertretbar. Nicht so die Aussetzung der Strafen zur Bewährung. Trotz aller positiven Prognosen müssen die Männer damit nun wohl ins Gefängnis.

In dem Berliner Fall hatten die Richter sogar einen bedingten Tötungsvorsatz angenommen und das Auto als „gemeingefährliches Tatmittel“ gewertet – auch dieses Urteil wird der BGH demnächst zu überprüfen haben. Die Verteidiger streiten für eine mildere Strafe.

Vor einer Woche hat der Bundestag ein Gesetz auf den Weg gebracht, das verbotene Autorennen neu ins Strafgesetzbuch aufnimmt. Wird dabei ein Mensch getötet, stehen darauf ein Jahr bis zehn Jahre Haft. Es fehlt nur noch der Beschluss im Bundesrat am 22. September.