Tod im "Märchenland"

Dendermonde. Die kleine grüne Rutsche im Inneren ist von der blauen Bodenmatte gestoßen worden. An den Wänden sind die Kinderbilder über und über mit Blut bespritzt. Im "Märchenland" von Sint-Gillis-Bij-Dendermonde, wie der Kinderhort der 38 000 Einwohner großen Gemeinde heißt, hat "der Teufel" zugeschlagen. Zwei Kinder und eine Betreuerin sind tot

Dendermonde. Die kleine grüne Rutsche im Inneren ist von der blauen Bodenmatte gestoßen worden. An den Wänden sind die Kinderbilder über und über mit Blut bespritzt. Im "Märchenland" von Sint-Gillis-Bij-Dendermonde, wie der Kinderhort der 38 000 Einwohner großen Gemeinde heißt, hat "der Teufel" zugeschlagen. Zwei Kinder und eine Betreuerin sind tot. "Er hat sie abgestochen wie Tiere", sagt ein Katastrophenhelfer. Es ist zehn Uhr am Freitagvormittag: 18 Kinder und sechs Betreuerinnen halten sich im Hort auf, als ein Mann mit auffallend roten Haaren und schwarzweiß geschminktem Gesicht plötzlich die Eingangstüren aufreißt. "Wie wild" habe er sich in der Säuglingsabteilung mit einem langen Messer in der Hand auf die Kleinkinder in den Bettchen gestürzt. Eine Erzieherin versucht noch, sich dazwischen zu werfen. Sie hat keine Chance. Ein Baby und sie sind sofort tot. Ein weiteres Kind stirbt kurz darauf. Zehn Verletzte werden ins nahe Sankt-Blasius-Krankenhaus gebracht. "Vier sind sehr sehr schwer verletzt", sagt Dominique Potteau, die Sprecherin des Hospitals, gegen Mittag. Die Zahl der Todesopfer könne noch steigen. "Wer tut so etwas nur?" Derweil haben Polizeieinheiten den Täter, der mit einem Fahrrad zu fliehen versuchte, mit dem Hubschrauber gejagt und festnehmen können. Er sei "psychisch auffällig", heißt es. In einer nahe gelegenen Anstalt sei er stationär untergebracht. Bei seiner Verhaftung wurde der Mann verletzt und anschließend ins Krankenhaus gebracht - es ist ein anderes, er soll nicht mit seinen Opfern unter einem Dach liegen. Vor dem Kinderhort flattern die gelben Polizeileinen wie Trauerflore im Wind. Dendermondes Bürgermeister Piet Buys war gerade in einer angrenzenden Halle, in der die Angehörigen und auch die Helfer psychologisch betreut werden. "Der Schockzustand ist enorm", sagt er aschfahl im Gesicht. Als Belgiens Innenminister Guido de Padt eintrifft, hat er Mühe, Fassung zu bewahren. "Ich denke vor allem an die Eltern, die heute diese Hölle durchmachen mussten. Wir müssen klären, wie der Mann so ungehindert in den Hort gelangen konnte. Und vor allem, was zu dieser Wahnsinnstat geführt hat." Draußen finden sich immer mehr Menschen zusammen - stumm vor Wut, weinend vor Hilflosigkeit. "Ich habe keine Worte", sagt ein älterer Mann. Später erfährt er, dass seine Enkelin schwer verletzt wurde und bricht zusammen. Eine Frau legt einen Zettel auf den Boden "Nur ein Teufel tötet kleine Engel", schreibt sie. Der Wind trägt das Papier weg. Dendermonde befindet sich in einem Schockzustand. In einer solchen Kleinstadt kennt jeder jeden und jeder mindestens ein Opfer. Die Kindertagesstätte gehört zu der staatliche Organisation "Kind en gezin" (Kind und Familie), die einen guten Ruf hat und viele solcher Einrichtungen betreibt. Ihr Vertreter vor Ort, Leen Du Bois, zittert am ganzen Körper, als er sagt: "Wie konnte nur jemand sowas tun? Wie konnte er nur?"

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