Teufelsaustreibung in Zimmer 433

Frankfurt · Stundenlang sollen sie ihre Verwandte in einem Frankfurter Hotel gequält haben – bis die Frau erstickte. Der Vorwurf: Sie wollten ihr den Teufel austreiben. Jetzt wird fünf Koreanern der Prozess gemacht.

 Gemeinsam mit vier anderen Südkoreanern soll der der angeklagte Sohn (links) seine Mutter getötet haben. Ihre Gesichter zeigten sie vor Prozessbeginn nicht. Foto: dpa

Gemeinsam mit vier anderen Südkoreanern soll der der angeklagte Sohn (links) seine Mutter getötet haben. Ihre Gesichter zeigten sie vor Prozessbeginn nicht. Foto: dpa

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Die wegen einer tödlichen Teufelsaustreibung angeklagten fünf Südkoreaner sagen am ersten Verhandlungstag kein einziges Wort. Wegen Mordes sind die 16- bis 45-Jährigen vor der Jugendstrafkammer des Frankfurter Landgerichts angeklagt - unter ihnen auch der jugendliche Sohn des Opfers. Die Staatsanwaltschaft begründet den Mordvorwurf mit der Grausamkeit der Tat.

Die angebliche Teufelsaustreibung, bei der die 41-Jährige im Zimmer 433 eines Frankfurter Hotels qualvoll erstickte, habe in den frühen Morgenstunden des 5. Dezember 2015 begonnen, sagt Staatsanwältin Sandra Dittmann. Die Angeklagten sollen ihrem Familienmitglied "mindestens zwei Stunden" Schmerzen zugefügt haben, "die über das für die Tötung notwendige Maß erheblich hinausgingen". Die Frau erstickte qualvoll. Die Koreaner hätten sich für die Teufelsaustreibung entschieden, nachdem die Frau gegen 2 Uhr in dem gemeinsamen Zimmer begonnen habe, um sich zu schlagen, Selbstgespräche zu führen und aggressiv zu werden. "Die von gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung" getragene Tat habe sich mindestens bis 7 Uhr hingezogen, sagt Dittmann. Die Tote habe blaue Flecken im Gesicht, auf der Brust, an Hand, Fuß und Oberschenkel gehabt. "Ihre Mundwinkel waren eingerissen und mit getrocknetem Blut behaftet."

Eine 45-jährige Angeklagte habe während der Teufelsaustreibung den Hals ihrer Cousine umfasst und ihr ein Handtuch und einen Kleiderbügel in den Mund gesteckt, "um die schreiende und ächzende Frau zur Ruhe zu bringen". Die anderen Angeklagten drückten ihr Opfer derweil auf den Boden, hielten es an Armen und Beinen fest und drückten auf Bauch und Brust - vermutlich, indem sie auf ihm knieten. "Sämtliche Angeklagten nahmen das Ersticken der Geschädigten zumindest billigend in Kauf", heißt es in der Anklage.

Die Cousine (45), ihr Sohn (22) und ihre Tochter (19) sowie der 16 Jahre alte Sohn des Opfers und ein gleichaltriger Cousin werden in Handschellen in den Gerichtssaal 165 C geführt. Sie sollen nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft Christen sein - mit schamanistischen Einflüssen. Schamanistische Priester opfern den Geistern und rufen sie an, auf die Geschicke der Menschen einzuwirken. Seit der Tat sitzen die Tatverdächtigen in Untersuchungshaft.

Die fünf Angeklagten starren während der gut zweistündigen Verhandlung regungslos vor sich hin. Drei Dolmetscher, fünf Angeklagte , zehn Anwälte: Die Verständigung mit dem Vorsitzenden Ulrich Erlbruch ist mitunter schwierig. Muss dieser oder jener Satz noch einmal langsamer wiederholt und übersetzt werden?

Oliver Wallasch, der Verteidiger eines der 16 Jahre alten Angeklagten, sieht allerdings nicht nur Verständigungsschwierigkeiten sprachlicher Art: Er beantragt, die Hauptverhandlung zu unterbrechen, damit ein ethno-soziologischer Sachverständiger gehört werden kann. Dieser werde zeigen, dass seinem Mandanten, der in Korea geboren und aufgewachsen sei und dem jeder Bezug zum deutschen Werte- und Rechtssystem fehle, die für die Anklage notwendige "Verantwortungsreife" zur Tatzeit gefehlt habe.

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