Studie zu Nachnamen Im (Nach-)Namen des Ehemannes

Wiesbaden · 1991 fiel in Deutschland die Pflicht zu einem gemeinsamen Ehenamen. Die meisten Paare bleiben aber bei der Tradition, zeigt eine neue Studie.

 Bei drei von vier Hochzeiten nehmen die Frauen noch heute den Namen ihres Angetrauten an, fanden Sprachforscher heraus. Nur sechs Prozent der Paare wählen den Namen der Frau, acht Prozent den Doppelnamen.

Bei drei von vier Hochzeiten nehmen die Frauen noch heute den Namen ihres Angetrauten an, fanden Sprachforscher heraus. Nur sechs Prozent der Paare wählen den Namen der Frau, acht Prozent den Doppelnamen.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

„Die Ägypterinnen behielten ihn. Die Römerinnen auch. Die Germaninnen sowieso. Und in 106 Ländern der Welt ist es selbstverständlich, dass Frauen ihn behalten. Nur die deutschen Frauen verloren ihn in der Neuzeit: ihren eigenen Namen und damit ihre Identität“, so schrieben es die Feministinnen der Zeitschrift „Emma“ im Jahre 1991. Sie feierten damals das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, wonach der Familienname nicht mehr automatisch der des Mannes wurde, wenn sich ein Paar nicht einigen konnte. Frauen durften ihren Geburtsnamen fortan behalten, drei Jahre später trat die entsprechende Gesetzesänderung in Kraft.

Rund ein Vierteljahrhundert später hat sich in der Praxis allerdings gar nicht so viel geändert. Denn allen Freiheiten zum Trotz mögen es Ehepaare in Deutschland gern traditionell – und die meisten Frauen verzichten heute freiwillig auf ihren Namen. Bei rund drei Viertel aller Eheschließungen wird auch heute noch der Name des Mannes zum gemeinsamen Ehenamen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Gesellschaft für deutsche Sprache, die gestern in Wiesbaden veröffentlicht wurde. Nur einer von 16 Männern in Deutschland nimmt bei der Hochzeit demnach den Nachnamen seiner Ehefrau an. Nur sechs Prozent der Paare entscheiden sich für den Familiennamen der Frau. Etwa doppelt so häufig kommt es laut Studie vor, dass beide Partner ihren eigenen Namen behalten.

Diese Beobachtungen hat auch Beate Tripp vom Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten e.V. gemacht. Die Studienleiterin des Verbandes sagt: „Man ist noch sehr traditionell unterwegs.“ Meist einigen sich die Paare schon auf eine bestimmte Namensführung, wenn sie das Aufgebot bestellen – aber manchmal gebe es auch Überraschungen am Hochzeitstag, wenn dann doch der Name des anderen gewählt werde. Meistens, sagt Tripp, machten Frauen dieses „Hochzeitsgeschenk“.

Seit 1976 müssen sich Paare bei der Hochzeit nicht mehr zwangsläufig auf den Familiennamen des Mannes festlegen. Konnten sie sich allerdings nicht einigen, galt der Name des Mannes von der Heirat an für beide. Diese Regelung wurde mit besagter Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht gekippt.

Wie die Gesellschaft für deutsche Sprache in Befragungen von Ehepaaren herausgefunden hat, wird es oft mit der Tradition begründet, wenn sich ein Paar für den Familiennamen des Mannes entscheidet. „So ist es üblich, so hat man es seit Jahrhunderten gemacht“, sagt Frauke Rüdebusch von der Sprach-Gesellschaft. „Diese Argumentation wird meist von den Männern selbst genutzt, die es mitunter als ein Zeichen von Schwäche, von Unmännlichkeit empfinden, wenn sie den Namen ihrer Frau annehmen. Dieses Denken ist in den Köpfen vieler Menschen noch stark verwurzelt.“

Daneben gibt es der Studie zufolge noch viele andere Gründe wie den Klang des Namens, eine sonst aussterbende Familienlinie oder einen Firmennamen. Kompromiss ist oft der Doppelname, den acht Prozent der Paare wählen.

„Mich wundert, dass es nach wie vor so ungleich ist, welcher Name Männern und Frauen wie viel bedeutet“, sagt die Soziologin Paula Villa von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. „Und mich wundert schon, wie problemlos eher Frauen ihren Namen aufgeben – das hat schon auch einen symbolischen Wert.“

Denn Nachnamen stiften auch Identität – seit dem 12. Jahrhundert, als sie langsam entstanden. Abgeleitet wurden sie von Berufen wie Müller, Maler, Schmidt oder Schneider, die bis heute am häufigsten sind, von der Herkunft eines Vorfahren (Antwerpes, Böhme) oder von Merkmalen (Klein, Lang, Kühn, Stumm). Viele Nachnamen wurden auch aus Vornamen generiert, wie Marx von Markus oder Jensen von Jens.

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