Streit um gefräßigen Fischräuber

Karlsruhe. Rehe, Hirsche und Wildschweine werden in Baden-Württemberg jedes Jahr zu Tausenden geschossen, damit ihre Zahl nicht überhand nimmt. Bei den Kormoranen am Bodensee will der Naturschutzbund (Nabu) eine Bewirtschaftung der Bestände dagegen verhindern

 Dieser Kormoran sammelt fleißig Zweige für sein Nest. Die Fischräuber am Bodensee sollen dezimiert werden. Dagegen wehrt sich der Naturschutzbund. Foto: dpa

Dieser Kormoran sammelt fleißig Zweige für sein Nest. Die Fischräuber am Bodensee sollen dezimiert werden. Dagegen wehrt sich der Naturschutzbund. Foto: dpa

Karlsruhe. Rehe, Hirsche und Wildschweine werden in Baden-Württemberg jedes Jahr zu Tausenden geschossen, damit ihre Zahl nicht überhand nimmt. Bei den Kormoranen am Bodensee will der Naturschutzbund (Nabu) eine Bewirtschaftung der Bestände dagegen verhindern. Der Nabu läuft Sturm gegen den Plan des Regierungspräsidiums Freiburg, in einer der kommenden kühlen Nächte einen Teil der dort brütenden Fischräuber aufzuscheuchen, damit ihr Gelege auskühlt. Über eine Petition gegen diese Art der Geburtenkontrolle entscheidet der Stuttgarter Landtag voraussichtlich heute.

Dann werden Populationsbiologen auch aus dem Ausland aufmerksam beobachten, ob im Süden Deutschlands ein Umdenken einsetzt und künftig ein europaweites Management des schwarzen Superräubers möglich wird. Nach jahrzehntelangen Schutzmaßnahmen haben sich die Bestände europaweit auf zwei Millionen Vögel erholt. Die Vögel fressen allerdings viel Fisch: 500 Gramm pro Tag und Schnabel. An der Nord- und Ostsee ist das kein Problem. Im Hinterland schon: Brutkolonien wie die am Bodensee oder am Oberrhein richten erhebliche Fraßschäden an. Allein am Untersee vertilgen die dort rund 300 ganzjährig lebenden Vögel mehr als 50000 Kilogramm Fisch im Jahr. Wenn zwischen November und März dann weitere 1500 Kormorane von den Küsten kommend auf dem See überwintern, sind das nochmals 22000 Tonnen in jedem Monat. Die 30 Berufsfischer am Untersee machen die Vögel deshalb mit verantwortlich für den Rückgang ihrer Fänge um 30 Prozent. Dazu zählen etwa Felchen, die bedrohten Äschen und die in einer EU-Verordnung nun unter Schutz gestellten Aale. Sie zu jagen ist für einen Kormoran kein Problem. Die Vögel tauchen am Bodensee bis zu 63 Meter tief.

Um den rapiden Zuwachs der etwa 90 Brutpaare bei Radolfszell einzudämmen, könnten nun Kormorane in einer der kommenden Nächte mit Lampen aufgescheucht werden. Damit werde "die gesamte Brut" vernichtet, fürchtet Andre Baumann vom Nabu. "Es sind sehr viel weniger, weil jetzt noch nicht alle Vögel brüten", sagt dagegen Lars Dettmann vom Landesfischereiverband Brandenburg. Dort werden seit 2005 brütende Kormorane aufgescheucht. Er verweist auf die Erfolge, die die Dänen mit dieser Art der Geburtenkontrolle verzeichnen. "Auch unsere Naturschützer sollten die Kurve kriegen, weg vom Totalschutz und hin zum Management. Sonst artet der Artenschutz aus", fordert Dettmann.

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