Stardesigner Karl Lagerfeld – Der letzte Pariser Modezar

Der deutsche Stardesigner machte sich selbst zum Gesamtkunstwerk. Der Nachwelt hinterlässt er Traumkreationen und legendäre Zitate.

 Sonnenbrille, dunkle Krawatte und „Vatermörderkragen“: Mit diesem Outfit bleibt Modedesigner Karl Lagerfeld in Erinnerung.  Foto: Christian Charisius/dpa

Sonnenbrille, dunkle Krawatte und „Vatermörderkragen“: Mit diesem Outfit bleibt Modedesigner Karl Lagerfeld in Erinnerung. Foto: Christian Charisius/dpa

Foto: dpa/Christian Charisius

Er war der Marathonläufer der Modewelt, ihr Tausendsassa und ihr wohl populärstes Gesicht. Karl Otto Lagerfeld, Urgestein des Pariser Chic, starb am 19. Februar – im Alter von vermutlich 83 Jahren. Laut Medienberichten litt er an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Mehr als 50 Jahre lang entwarf Deutschlands wichtigster Mode-Export Kleider für die größten Modehäuser. Seit 1983 leitete er die kreativen Geschicke von Chanel. Daneben verfolgte der Wahlfranzose stets weitere Projekte, zeichnete Karikaturen, fotografierte, designte Inneneinrichtungen und gab sogar eine Zeitung „Karl Daily“ heraus. Lagerfeld war nicht nur ein Stardesigner, er war der letzte Pariser Modezar.

Wann Lagerfeld geboren wurde, war zeit seines Lebens unklar. Der Meister selbst, den die Zeitschrift „L‘Express“ als „letzten Dandy von Paris“ bezeichnete, schwankte zwischen 1935 und 1938. Der „Munzinger“ zählt auch 1933 auf. Irgendwann bestand er auf dem Jahr 1935 – die anderen Zahlen seien Angaben seiner Mutter. Als sicher gilt der Geburtstag am 10. September.

Die Ideen gingen ihm nie aus. Sein größter Coup jedoch war die Gestaltung der eigenen Person zu einem Gesamtkunstwerk. Mit Sonnenbrille, weißgepudertem Zopf, dunkler Krawatte und dem typischen hohen „Vatermörderkragen“ erkannte ihn fast jedes Kind. Diese Montur bot eine undurchdringliche Fassade, hinter der er sich verstecken konnte. Er selbst spottete gerne über die eigene Erscheinung.

Überhaupt liebte Lagerfeld Ironie. Viele Bonmots und Spitzen beweisen Lagerfelds Schlagfertigkeit. Über Freizeitkleidung: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Über Günter Grass (1927-2015): „Er sollte sich mal Schlips und Kragen zulegen.“ Über Heidi Klum: „Die war nie in Paris, die kennen wir nicht.“

Auch wenn Lagerfeld immer wieder öffentlich im Mittelpunkt stand und sich als „egoistisch“ bezeichnete – egozentrisch wirkte er trotz des extravaganten Auftretens nie. Wer ihm persönlich begegnete, erlebte einen aufgeschlossenen Menschen, der Tageszeitungen konsumierte wie andere Zigaretten und stets ausgezeichnet über das aktuelle Geschehen unterrichtet war. Zudem besaß er etwa 300 000 Bücher. „Stets dem Leben zugewandt“ schien seine Devise zu sein.

Der Wahlpariser stammte aus Hamburg. Sein Vater Otto Lagerfeld war Dosenmilchfabrikant, seine Mutter Elisabeth Landratstochter aus dem Münsterland. Als junger Mann ging Lagerfeld nach Paris. Dort gewann er Mitte der 1950er Jahre einen Preis im Wettbewerb der Internationalen Wollsekretariats (IWS) für ein Mantelmodell und bekam daraufhin eine Stelle bei Pierre Balmain. Bald war er für verschiedene Modehäuser tätig. Der mit ihm befreundete Yves Saint Laurent wurde in den 1970er Jahren sein größter Konkurrent. Doch als der geniale Saint Laurent schon den Zenit seiner Karriere überschritten hatte, begann Lagerfelds rasanter Aufstieg erst. Die Umgestaltung der Traditionsmarke Chanel zu einem modernen Luxuslabel geriet dem Deutschen zu einem Meisterstück.

Dem Erbe Coco Chanels blieb er treu, doch übersetzte er die kragenlosen Jacken neu, brachte den typischen Tweedstoff mal zerfranst, mal mit Bändern durchwirkt heraus, entwarf Motorradjacken mit Rautenmuster à la Chanel, fügte Bikerstiefel hinzu oder kombinierte Haute-Couture-Kleider zu Sneakers. Lagerfeld arbeitete immer mit eiserner Disziplin, sah seine Tätigkeit jedoch nicht als Pflicht, sondern als Spaß an. Er hatte einen kaum zu überbietenden schöpferischen Output. Auch im Alter behielt er sein Gespür für die kommenden Trends, die angesagteste Musik oder die neueste Technik.

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