Klaus Teuber im SZ-Interview „Ernten, Handeln, Bauen“

Vor über 20 Jahren ist das Erfolgsspiel „Die Siedler von Catan“ als „Spiel des Jahres“ ausgezeichnet worden. Heute wird der Preis erneut verliehen. Wir sprechen mit „Catan“-Autor Klaus Teuber und seinem Sohn Benjamin über die Bedeutung von Brettspielen in der digitalen Welt.

 Das Erfolgsspiel „Siedler von Catan“

Das Erfolgsspiel „Siedler von Catan“

Foto: Joachim Wollschläger/Joachim Wollschläger

Herr Teuber, heute wird das Spiel des Jahres gekürt. Ist so ein Spielepreis nicht schon ein bisschen aus der digitalen Zeit gefallen. Haben Brettspiele überhaupt noch eine Chance, wo jeder auf seinem Handy daddelt?

 Klaus und Benjamin Teuber mit Sohn Benjamin.

Klaus und Benjamin Teuber mit Sohn Benjamin.

Foto: Wollschläger

Klaus Teuber: Absolut. Die Verkaufszahlen belegen ja, dass Brettspiele eine Zukunft haben. Die gehen nach oben. Und zwar in einer stabilen Entwicklung.

Warum ist das Ihrer Meinung nach so?

Klaus Teuber: Ich denke, das Brettspiel bietet einen Rückzug aus der digitalen Welt. Für Menschen, die einfach mal ein paar Stunden mit anderen Menschen spielen wollen, ohne dass ständig das Handy bimmelt. Deshalb haben meiner Ansicht nach auch die Spiele keinen Erfolg, bei denen das Handy eingebunden ist. Da müssen die Spieler ständig auf das Telefon schauen. Und das, was ein Spiel ja ausmacht, das Menschelnde – das fällt einfach weg.

Aber es gibt doch viele Menschen, die gerne an Konsolen spielen…

Klaus Teuber: Das ist richtig. Aber ich denke, wer extensiv an der Konsole oder am PC spielt, hätte auch früher keine Brettspiele gespielt.. Vielleicht hätten sie eher Briefmarken gesammelt oder so etwas.

Benjamin Teuber: Ich denke, es gibt beides. Menschen, die mal schnell ein Spiel auf dem Handy oder dem iPad spielen, um sich beim Warten abzulenken. Die aber auch Spiele spielen. Das schließt sich ja nicht aus, dass die dann auch gerne Brettspiele spielen.

Sie sehen durch das Digitale also keinen Verdrängungswettbewerb für das klassische Brettspiel?

Klaus Teuber: Im Gegenteil. Manch einer findet ja auch über das digitale Spiel zum Brettspiel. Über die digitale Plattform „Play Catan“ haben sich beispielsweise viele Spielegruppen zusammengefunden, die sich dann in Städten oder auf Burgen getroffen haben, um gemeinsam das Brettspiel zu spielen.

Sie haben gerade das Brettspiel „Die Siedler von Catan“ angesprochen. Es war 1995 Spiel des Jahres und wohl das Spiel, das den deutschen Spielemarkt am stärksten beeinflusst hat – sei es durch den variablen Spielplan, sei es durch völlig neue Handels- und Siegpunktmechanismen.

Klaus Teuber: Das bekomme ich immer wieder gesagt, also muss wohl auch was dran sein. Auf jeden Fall gab es nach den Siedlern immer mehr komplexe Spiele. Und sie wurden auch stärker beachtet. Und für den Spielemarkt USA waren die Siedler ein absoluter Türöffner.

Catan ist in jedem Fall ein sehr erfolgreiches Spiel – es ist über 20 Millionen Mal verkauft worden und in über 30 Sprachen übersetzt worden. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Klaus Teuber: Ich denke, das Thema Ernten, Handeln, Bauen – das ist so etwas Ursprüngliches und entspricht so der Natur des Menschen, dass es leicht erfasst wird. Und es kommt mit relativ einfachen Regeln daher, ist aber gleichzeitig variabel, so dass es immer neue Spielerkreise erschließt. Selbst Menschen, die sonst eigentlich nicht spielen, fühlen sich von diesem Spiel angesprochen.

Nun sind die „Siedler von Catan“ nicht ihr einziges Erfolgsspiel. Schon davor sind drei Ihrer Spiele mit dem Preis „Spiel des Jahres“ ausgezeichnet worden. 1988 „Barbarossa“, 1990 „Drunter und Drüber“ und 1991 „Adel verpflichtet“. Ist es nicht auch ärgerlich, auf ein Spiel reduziert zu werden?

Klaus Teuber: Vor allem bin ich sehr dankbar. Es ist schon ein großer Glücksfall, wenn einem solch ein Spiel gelingt. Es ist aber eben auch viel Arbeit, es am Markt zu halten. Deshalb arbeiten wir ja auch immer wieder an neuen Ideen. Letztlich wäre es auch sträflich, bei einem Spiel mit solch einem Potenzial einfach umzuschalten, um dann etwas Anderes zu machen.

Heißt das, dass sie sonst nichts Anderes mehr machen?

Klaus Teuber: Ich mache durchaus auch noch andere Spiele. Aber manch eines ging auch im Erfolg von Catan unter. Löwenherz oder Entdecker beispielsweise, die ich Mitte der 90er Jahre gemacht habe, halte ich für sehr gute Spiele, die aber leider nicht so gut ankamen.

Und wie gehen Sie damit um, wenn ein Spiel nicht angenommen wird?

Klaus Teuber: Wenn es nicht funktioniert, bin ich dankbar für die schöne Erfahrung, die ich bei der Entwicklung gemacht habe. Und die Erinnerungen in vielen Testrunden. Wenn ich auf den Erfolg angewiesen wäre, weil ich davon leben muss, wäre es schwieriger. Aber so kann ich gut damit umgehen.

Benjamin Teuber: Man muss auch realistisch sehen – der Spielemarkt in Deutschland ist extrem gewachsen. Heute haben wir rund 1000 Neuerscheinungen pro Jahr. Und darunter sind viele sehr guter Spiele. Man konkurriert also mit einer Menge fantastischer Spiele. Das ist einfach so.

Klaus Teuber: Ich denke auch, wenn heute eines meiner früheren Erfolgsspiele wie „Adel verpflichtet“ neu auf den Markt kommen würde, würde es auch gleich wieder verschwinden. Nur „Die Siedler von Catan“ wahrscheinlich nicht.

Wie entsteht eigentlich so ein Spiel? Haben Sie gleich eine Idee im Kopf?

Klaus Teuber: Das ist unterschiedlich. Bei mir steht fast immer die Geschichte im Vordergrund. Mein erstes Spiel, Barbarossa, habe ich entwickelt, nachdem ich den Roman „Die Schule der Rätselmeister“ gelesen habe. Und da habe ich gedacht: „Da möchte ich gerne ein Spiel draus machen“. Oder bei „Tumult Royal“ – das ist ein Revolutionsspiel, bei dem immer einer das Volk ausbeutet, abgesetzt und bestraft wird, während der nächste das Volk ausbeutet. Dieses Revolutionsthema hat mich immer schon gereizt. Und dann setzte ich mich eben hin und probiere aus, ob das auch als Spiel funktioniert.

Das klingt recht einfach.

Klaus Teuber: Natürlich braucht es dann viel Entwicklung. Und kann sich auch komplett verändern. Bei einer Geschichte hatte ich erst eine Familie im Kopf, bei der jeder versucht, besonders große Zimmer zu haben und bei dem sich ständig Wände verschieben. Am Ende ist Löwenherz daraus geworden – mit variablen Grenzen. Und jetzt habe ich gerade gemeinsam mit Benjamin ein Magnetspiel entwickelt – also etwas völlig anderes. Da war die größte Herausforderung das Material. Denn man kann nicht jeden Magneten in eine Spieleschachtel stecken.

Benjamin Teuber: Da gibt es vor allem in den USA kuriose Vorschriften. Weil mal jemand einen Magneten verschluckt hat und versucht hat, ihn mit einem anderen Magneten wieder herauszuholen. Seitdem dürfen nur ganz bestimmte Magnete in die Schachtel.

Die „Siedler von Catan“ werden manchmal als eines der erfolgreichsten Spiel der Welt bezeichnet – würden Sie das auch so sagen?

Klaus Teuber: Das müssen Sie in fünfzig Jahren fragen. Wir sind ja in vielen Ländern noch am wachsen. Aber in den USA beispielsweise läuft es seit Jahren sehr gut.

In den USA greifen Sie einen Spielemarkt an, der seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts von „Monopoly“ dominiert wird. Ist „Monopoly“ ein gutes Spiel?

Klaus Teuber: Es ist mit Sicherheit ein gutes Spiel, sonst hätte es nicht über Jahrzehnte einen solchen Erfolg gehabt. Und es ist so in der Volksseele verwurzelt, dass es fast schon Folklore ist. Für mich ist es aber schon so, dass ich andere Spiele bevorzuge.

Kann man als Spieleautor reich werden?

Klaus Teuber: Grundsätzlich eher nicht. Viele machen Spiele deshalb ja auch nur nebenberuflich. Nur wenige haben das Glück, dass sie im richtigen Moment die richtige Idee haben, die richtigen Menschen in den richtigen Verlagen treffen, und ein Spiel entsteht, dass dann auch noch in die Zeit passt. Dann kann man als Spieleerfinder auch gutes Geld verdienen.

Zum Abschluss nochmal zurück zum Spiel des Jahres, das heute gekürt wird. Haben Sie die Finalisten schon gespielt und welches wäre Ihr Favorit?

Klaus Teuber: Gespielt habe ich alle – und für mich ist es eindeutig „Wettlauf nach El Dorado“. Dadurch, dass es mehrere Schwierigkeitsstufen hat und durch die variablen Karten immer neu wird, finde ich sehr interessant. Das Spiel hat viele Entwicklungsmöglichkeiten. „Kingdomino“ finde ich nett. Die Regeln sind so einfach, dass es sehr schnell verstanden werden kann. Aber es ist für mich wenig nachhaltig. Und das dritte Spiel, „Magic Maze“, ist für mich eher eine Spielerei. Aber kein Spiel, das ich häufiger spielen möchte.

Klaus Teuber (65) ist einer der bekanntesten deutschen Spieleautoren. Viermal hat er mit seinen Spielen die Auszeichnung „Spiel des Jahres“ erhalten. Ein weltweiter Erfolg wurde sein Familienspiel „Die Siedler von Catan“, das mit seinen Erweiterungen über 20 Millionen Mal verkauft und in über 30 Sprachen übersetzt wurde.

Der gelernte Zahntechnikmeister hat seit der Veröffentlichung seines Erstlingswerks Barbarossa 1988 über 100 Spiele auf den Markt gebracht. Seit 1999 arbeitet er hauptberuflich als Spieleautor – 2002 gründete er mit seinem Sohn Guido die Catan GmbH. Sein jüngster Sohn Benjamin (32) arbeitet ebenfalls in der Familienfirma mit. Neben internationalem Marketing arbeitet er auch an neuen Spielen mit. Zuletzt hat er gemeinsam mit seinem Vater das Magnetspiel Mag-O-Mag entwickelt.

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