Spektakuläre Sprengung

Frankfurt/St Wendel · Innerhalb von zehn Sekunden wird am Sonntag in Frankfurts Stadtmitte der 116 Meter hohe AfE-Turm der Universität in sich zusammenfallen. Es ist das höchste Haus, das jemals in Europa gesprengt wurde.

Noch nie ist in Europa ein so hohes Haus gesprengt worden wie der Frankfurter Universitäts-Turm. Der 116 Meter hohe Betonklotz steht mitten in der Stadt und soll an diesem Sonntag um 10 Uhr innerhalb von zehn Sekunden in sich zusammen fallen. Fast eine Tonne Sprengstoff wurde dafür in rund 1400 Bohrlöcher gesteckt, wie Sprengmeister Eduard Reisch berichtete. Die Polizei rechnet mit rund 40 000 Schaulustigen. Im sogenannten AfE-Turm haben Generationen von Geisteswissenschaftlern studiert. Dozenten und Studierende sind im vergangenen Jahr auf den neuen Uni-Campus im Stadtteil Westend umgezogen. Anstelle des Turms sollen zwei neue Hochhäuser gebaut werden, 100 und 140 Meter hoch. Das Areal gehört zum sogenannten Kulturcampus, einer Mischung aus Büros, Wohnungen, Gewerbe und Kultur, die bis 2019/2020 auf dem alten Campus entstehen soll. Der AfE-Turm: Er wurde 1972 gebaut. Der Name stammt von der "Abteilung für Erziehungswissenschaft", die zeitweise auch dort zu Hause war. Das Gebäude ist 116 Meter hoch, mit Fundament 127 Meter, und gut 30 Meter lang. Das entkernte Außenskelett ist rund 50 000 Tonnen schwer. Der Turm steht in der Nähe des Messegeländes, benachbart von einem Hotel, einem Labor, dem Senckenberg-Museum, zahlreichen anderen denkmalgeschützten Gebäuden sowie Wohnhäusern, zwei U-Bahn-Röhren und einer Gasleitung. So wird gesprengt: Sprengmeister Eduard Reisch zündet die Sprengladungen um 10 Uhr mit einem elektronischen Funksignal. Zunächst sollen die Pfeiler des Gebäude-Skeletts detonieren und etwa 3,5 Sekunden spä ter der Kern. Risiko: Sprengmeister Reisch sagt: "Man kann so ein Gebäude mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sprengen, ohne dass es zu Schäden an Personen oder benachbarten Gebäuden kommt." Damit das Risiko so klein wie möglich ist, wurden mehrere Gebäudeteilen mit reißfestem Vlies verkleidet. Vor dem Gebäude sind bis zu sechs Meter hohe Wälle errichtet. Parallel werden mehrere Wasserkanister mit je 1000 Litern gesprengt, damit es weniger staubt. Darum wird gesprengt: Eigentlich sollte die Abbruch GmbH (AWR) das Gebäude von oben nach unten abtragen. Als sie damit im Juli 2013 begann, hagelte es Beschwerden von Hotelgästen, Studenten und Dozenten, Nachbarn und Beschäftigten. Da das Vorhaben mindestens noch ein Jahr gedauert hätte, wurde die Sprengung ins Auge gefasst. Sperrzonen: Um das Gebäude werden zwei Sperrzonen eingerichtet - dafür werden fast zwei Kilometer Bauzaun aufgestellt. Zuschauer: Außerhalb der zweiten Sperrzone in mindestens 250 Meter Entfernung können Zuschauer bei der Sprengung dabei sein. Sprengmeister Eduard Reisch vermutet, dass sie wie zwei laute Böllerschüsse zu hören sein wird, eine Erschütterung aber nicht zu spüren ist. Helfer: Neben 400 Helfern des Technischen Hilfswerks (THW) sind auch Polizei und Bundeswehr im Einsatz. Seit Montag arbeitet der Sprengberechtigte Ernst Becker des THW vom Ortsverband St. Wendel mit an den Vorbereitungen. Zudem unterstützt Markus Tröster aus St. Wendel bei der Pressearbeit vor Ort. Kosten: Der Chef der städtischen Wohnungsbauholding ABG, Frank Junker, beziffert die Kosten auf "einen nennenswerten siebenstelligen Betrag". Die Versicherungssumme liegt nach Angaben von Sprengmeister Eduard Reisch bei 32 Millionen Euro. Live: Die Sprengung kann per Live-Stream im Internet verfolgt werden - wie unter www.faz.net/turmsprengung.

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