Schumacher fuhr nicht zu schnell

Paris/Albertville · Michael Schumacher war nur wenige Meter abseits der markierten Piste auf Skiern unterwegs gewesen. Offenbar fuhr er jedoch nicht zu schnell. Die Aufnahmen aus seiner Helm-Kamera werden noch ausgewertet.

Als Staatsanwalt Patrick Quincy (62) gestern gegen 11 Uhr den Saal im ersten Stock des Justizpalasts von Albertville betritt, um erste Erkenntnisse zum Ski-Unfall von Michael Schumacher vorzustellen, steht er vor dicht gedrängten Reihen. Die Ermittlungen seien "gut vorangekommen", könnten sich aber noch über Wochen hinziehen, warnt der Jurist, bevor er zu den Fakten kommt. Als Schumacher am Vormittag des 29. Dezember im S kigebiet von Méribel am Berg Saulire unterwegs ist, entscheidet er sich Quincy zufolge "bewusst" dafür, die rote, mittelschwere Piste "Chamois" zu verlassen, "überschreitet die Begrenzungslatten und befindet sich damit außerhalb der markierten Piste". Eine Weile sei er drei bis sechs Meter abseits der Piste gefahren, dann "blieb er mit seinen Skiern an einem Felsen hängen, verlor das Gleichgewicht, stürzte vornüber und prallte mit seinem Kopf auf einen zweiten, dreieinhalb Meter tiefer gelegenen Felsen".

Die Markierung der Pisten entspreche den geltenden Normen, versichert Quincy. Im Falle eines Regelverstoßes hätten die Betroffenen von den Verantwortlichen des Skigebiets Schadensersatz fordern können. Auch die von Schumacher geliehene Skiausrüstung spielte bei dem Unfall wohl keine Rolle: "Die Skier waren im perfekten Zustand", erklärt der Kommandant der Gebirgsgendarmerie Savoyen, Stéphane Bozon.

Bleibt also die Frage nach der Geschwindigkeit. Vor allem in französischen Medien war der Eindruck erweckt worden, der Formel-1-Star sei auch auf der Skipiste flott unterwegs gewesen. Seine Ärzte in Grenoble sprachen von einem "Aufprall mit hoher Geschwindigkeit". Schumachers Managerin Sabine Kehm erklärte dagegen, er sei "nicht allzu schnell" gefahren. Die Ermittler in Albertville äußern sich zunächst vorsichtig zu dieser Frage.

Es sei "schwierig", die genaue Geschwindigkeit zu ermitteln, sagt Quincy, diese spiele bei den Ermittlungen auch "keine besondere Rolle". Erst nach mehrmaligem Nachfragen erklärt Gendarmerie-Vertreter Bozon: "Schumacher fuhr als guter Skifahrer für diese Art von Gelände auf absolut normale Weise."

Genauere Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler nun von Schumachers Helmkamera. Das rund zwei Minuten lange Video wurde bereits gesichtet, müsse aber "Sequenz für Sequenz, Bild für Bild" weiter ausgewertet werden. Quincy räumt allerdings ein, dass das Sichtfeld sehr eingeschränkt sei.

Unklar ist dagegen, ob Schumacher die Piste verlassen hat, um einer verunglückten Freundin seines Sohns zu helfen. Das hatte Managerin Kehm angegeben. In Albertville heißt es dagegen, die Ermittler hätten keinerlei Informationen in dieser Richtung. Mysteriös bleibt auch ein mögliches Smartphone-Video, das ein deutscher Touristen nach Bericht des "Spiegel" gedreht haben soll. "Wir haben dieses Video nicht", erklärt der Staatsanwalt. "Ich persönlich habe große Zweifel in dieser Sache."

Schumacher schwebt mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma in der Klinik von Grenoble weiter in Lebensgefahr.

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