Schülerin wegen Facebook-Eintrag verurteilt

Düsseldorf · Cybermobbing unter Schülern ist ein bekanntes Phänomen. Doch diesmal hat es einen Lehrer getroffen. Und der ließ es nicht bei einem Eintrag ins Klassenbuch bewenden – er schaltete die Justiz ein.

 Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Nicht jeder Facebook-Eintrag ist harmlos.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Nicht jeder Facebook-Eintrag ist harmlos.

Foto: dpa

Nach 35 Minuten Gerichtsverhandlung hatte sie es sehr eilig, wegzukommen aus Saal 1.113. Kein Wunder: Die14-jährige Schülerin ist in Düsseldorf wegen der Beleidigung ihres Lehrers auf ihrer Facebook-Seite schuldig gesprochen und verurteilt worden. "Sie muss nun 20 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten", sagte gestern Amtsgerichtssprecher Marcel Dué. Das Mädchen hatte die Tat vor Gericht gestanden und bedauert. Die Schülerin hatte ihren Lehrer heimlich im Klassenraum fotografiert, das Bild auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht und mit dem nicht nur grammatikalisch bedenklichen Zusatz "Behinderter Lehrer ever" versehen.

Laut Aussage der Schülerin war ihr Verhalten eine Retourkutsche: Zuvor habe der Lehrer sie und andere Schüler fotografiert und die Bilder auf die Schul-Homepage gestellt. Darüber habe sie sich geärgert und ihrerseits zur Kamera gegriffen. Ob das stimmt, blieb gestern offen: Der Lehrer war nicht als Zeuge geladen. Der 64-jährige Pädagoge an der Düsseldorfer Förderschule hatte einen ungewöhnlichen Weg abseits schulinterner Sanktionen beschritten: Er stellte Strafantrag. Deswegen wurde der Fall aus dem November 2015 zum Fall für Amtsrichterin Carola Lange, die die Jugendstrafsache unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelte. Sie habe soeben ja selbst erfahren, wie sich ein öffentlicher Spießrutenlauf anfühlt, hielt sie der Schülerin vor, als die durch das Spalier wartender Fotografen und Kameraleute den Saal betreten hatte.

Problematisch sei, dass sie die Beleidigung durch ihre persönlichen Facebook-Einstellungen nicht nur ihren Freunden, sondern auch den Freunden der Freunde öffentlich gemacht habe, also "einem relativ großen Personenkreis". Irgendjemand aus diesem Kreis hatte die Sache schließlich "gepetzt". Und so war dem Lehrer über Umwege bekannt geworden, dass er am digitalen Pranger steht. "Wir finden es richtig, dass ein solcher Fall gerichtlich geklärt wird, denn die Zahl dieser Konflikte nimmt zu", sagte Udo Beckmann vom Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) in Dortmund. Viele Lehrer stünden durch Schule oder Schulaufsicht unter Druck, in der Öffentlichkeit nicht darüber zu sprechen, weil das ein schlechtes Licht auf die Schule werfen könnte. "Daher haben wir großen Respekt für den Kollegen, der jetzt vor Gericht gezogen ist. Das erfordert Mut." Schulen sollten intern klare Regelungen verabschieden, in denen festgelegt ist, wie man mit sozialen Medien und dem damit verbundenen Mobbing umgeht.

"Es ist zu hoffen, dass der Richterspruch eine positive Signalwirkung auslöst", sagte Dorothea Schäfer, die Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW. Lehrer müssten sich nicht beleidigen lassen.

Anders sieht es die Landesschülervertretung: Dass der Lehrer gleich zur Anzeige gegriffen habe, zeuge von einem sehr bedauerlichen konfrontativen Umgang mit Konflikten. "Als ausgebildeter Pädagoge sollte man andere Möglichkeiten finden", teilten die Schülervertreter mit.

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