Park wird an Gründonnerstag eröffnet Schönheitskur für die Loreley

St. Goarshausen · Der Charme eines Siebziger-Jahre-Tourismus hatte viele Besucher enttäuscht. Nun präsentiert sich das Felsplateau im Welterbe Oberes Mittelrheintal mit einem neuen Kultur- und Landschaftspark.

 Das Plateau auf Deutschlands wohl bekanntestem Felsen, der Loreley im Mittelrheintal, hat ein neues Antlitz bekommen.

Das Plateau auf Deutschlands wohl bekanntestem Felsen, der Loreley im Mittelrheintal, hat ein neues Antlitz bekommen.

Foto: dpa/Thomas Frey

Und sie kämmt ihr güldenes Haar und sie verzaubert die Schiffer: Die Loreley ist ein weltweit bekannter Mythos. Doch ein großer Parkplatz, eine Straße und Zweckgebäude haben das gleichnamige Felsplateau im Mittelrheintal teils versiegelt. Der hoch aufragende Besuchermagnet sei „relativ versifft“, hatte der frühere rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Walter Schumacher (SPD) einst festgestellt. Zurück zur Natur, hin zu Wiese und Felsen: Eine Schönheitskur mündet am Gründonnerstag in die Eröffnung des ersten Bauabschnitts des neuen Kultur- und Landschaftsparks Loreley.

Dabei wird die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), erwartet. Auch sie teilt mit: „Leider war der Zustand des Plateaus nicht mehr zeitgemäß, eine Erneuerung war dringend geboten.“ Dabei schwärmt auch die Landesmutter von der Loreley: Sie sei ein „weltbekannter Sehnsuchtsort“, ein „Märchen aus uralten Zeiten als ein Wahrzeichen des Mittelrheins“.

Der Inbegriff der Rheinromantik, das Herz des Welterbes Oberes Mittelrheintal, hat nach dem ersten Spatenstich 2016 ein neues Antlitz bekommen. Ein moderner Anbau des historischen Turnerheims, eine Turnhalle, ein Sportplatz, das Berghotel, Garagen, viel Asphalt: alles verschwunden bei diesem Hotspot des Tagestourismus, wie Projektleiter Armin Schaust erklärt.

Besucher haben auf dem umgestalteten Felsplateau mit Parkgebühren, aber ohne Eintrittsgeld die Wahl. Entweder sie schreiten auf dem neuen breiten Strahlenweg zur Felsenspitze mit sechs Aussichtspunkten, die tiefe Blicke in das canyonartige Durchbruchstal des Rheins im Schiefergebirge ermöglichen. Der schnurgerade barrierefreie Weg ist 380 Meter lang. Oder die Touristen flanieren auf einem 500 Meter langen schmaleren Mythenpfad auf Umwegen zur Felsennase.

Bäume, Weißdorne und laut Schaust eigens gezüchtete Loreley-Rosen säumen die Wege. „Hier leben auch Mauereidechsen und Salamander“, sagt der Projektleiter der Verbandsgemeinde Loreley. Bänke laden zum Verweilen ein, zehn Piktogramme in Felsen verweisen auf Erklärungen zum Mythos Loreley in einem Begleitbüchlein.

Das Land Rheinland-Pfalz hat laut Dreyer bislang rund acht Millionen Euro in den neuen Park investiert. Etwa eine halbe Million Euro kommen nach Schausts Worten von der Verbandsgemeinde und fünf Millionen Euro von einem Fördertopf des Bundes. Mit diesen insgesamt rund 13,5 Millionen Euro ist aber nur der erste Bauabschnitt finanziert – je nach weiterer Förderung soll laut Schaust 2020 oder 2021 noch ein zweiter Abschnitt eröffnet werden.

Besucher stoßen somit noch auf manche unfertige Projekte. Dazu zählen das historische Turnerheim, das sich in das Empfangsgebäude des Parks verwandeln soll, und der Mythosraum, der bislang als Rohbau nahe der Felsenspitze in die Landschaft integriert ist. Schaust schwärmt: „Am Boden wird ein Felsen sein, der sich darüber in Gesteinsscheiben auflöst und sich weiter oben vermutlich in Glasteile transformiert, die schließlich von einem Kristall aufgefangen werden.“ Die geplante riesige Nachbildung eines Bergkristalls schlage alleine mit 1,4 Millionen Euro zu Buche. Ursprünglich sollten es sogar fünf solche Kristalle sein – ein zu teures Unterfangen, wie sich herausgestellt hat.

Der neue Park, zu dem auch ein längst eröffnetes Besucherzentrum mit Café gehört, ist kein Halligalli-Spektakel für den Massentourismus, sondern ein Ort für Natur-, Landschafts- und Loreley-Mythos-Liebhaber. „Wir erwarten 300 000 Besucher pro Jahr“, sagt Schaust. Manche interessante Details im Park zeigen sich erst auf den zweiten Blick, etwa die Nachahmung der Grauwacke-Gesteinsschichten auf der einen Seite des Strahlenwegs an der künstlichen Felsverkleidung des Mythosraums auf der anderen Seite.

Die großen Betonflächen des Strahlenwegs sowie die Straßenlaternen und Abfallbehälter aus wetterbeständigem, verrostet wirkendem Cortenstahl könnten manche Naturfans stören. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Loreley, Werner Groß, sagt, der Betonboden sei der Barrierefreiheit geschuldet, damit auch Besucher mit Rollator oder im Rollstuhl bequem an die Felsenspitze gelangten. „Und beim Cortenstahl war ich auch anfangs skeptisch.“ Aber schon bald werde dieser eine schönere Patina bekommen.

Ute Graßmann von der Ortsgruppe Loreley des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) freut sich über die naturnahe Gestaltung des Felsplateaus. Sicher, es seien Bäume gefällt – aber auch 30 bis 40 neue gepflanzt worden. Die vielen Blumenbeete hätten keine Plastikplanen gegen Unkraut, „das finde ich gut“.

Das Obere Mittelrheintal zwischen Koblenz und Bingen beziehungsweise Rüdesheim gilt mit der weltweit höchsten Burgendichte, Weinbergen und pittoresken Orten als einer der romantischsten Flussabschnitte Deutschlands. Es leidet aber auch unter teils veraltetem Tourismus und Bevölkerungsschwund. Und unter Bahnlärm an Europas meistbefahrener Güterzugstrecke mit einem Tunnel durch die Loreley. 2029 soll eine Bundesgartenschau den sagenumwobenen Flussabschnitt aufwerten.

Schon jetzt an Ostern ist hier wieder das Rheinleuchten geplant. Von Gründonnerstag bis Ostermontag setzen Lichtkünstler abends das Welterbe an zahlreichen Stellen in Szene. Hauptspielort des Glanzes im Dunklen soll die Loreley nach ihrer Schönheitskur sein.

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