Erste Flugverbote für Boeing 737 Max 8- Maschinen Schlimmer Verdacht nach Boeing-Absturz

Hannover/Addis Abeba · 157 Menschen sind bei dem Flugzeug-Absturz in Äthiopien am Sonntag ums Leben gekommen. Vor wenigen Monaten gab es bereits einen Unfall mit der relativ neuen Boeing-Reihe. Es gibt bereits erste Flugverbote.

 Noch Mitte Dezember wurde im chinesischen Zhoushan die Auslieferung einer Boeing 737 Max 8 an die Fluggesellschaft Air China groß gefeiert. Nach dem Absturz einer baugleichen Maschine am Sonntag in Äthiopien mit 157 Toten haben chinesische Behörden jetzt vorsorglich ein Startverbot für Flugzeuge dieses Typs verhängt.

Noch Mitte Dezember wurde im chinesischen Zhoushan die Auslieferung einer Boeing 737 Max 8 an die Fluggesellschaft Air China groß gefeiert. Nach dem Absturz einer baugleichen Maschine am Sonntag in Äthiopien mit 157 Toten haben chinesische Behörden jetzt vorsorglich ein Startverbot für Flugzeuge dieses Typs verhängt.

Foto: dpa/Xu Yu

Der Absturz einer nagelneuen Boeing 737 Max 8 am Sonntag in Äthiopien mit 157 Todesopfern, darunter fünf Deutsche, hat weltweit Bestürzung, aber auch Verunsicherung bei Passagieren ausgelöst. In der Welt der Luftfahrt gibt es zudem besorgte Fragen: Denn die tut sich schwer damit, an Zufälle zu glauben. Wenn zwei fast neue Maschinen des gleichen Flugzeugtyps in kurzen Abständen in vergleichbarer Fluglage abstürzen, schrillen Alarmglocken. Chinas Luftfahrtbehörde CAAC verhängte daher vorsorglich ein Startverbot für Flieger des Typs Boeing 737 Max 8 und begründete das mit Parallelen zum Absturz einer solchen Maschine der Lion Air im Oktober 2018 in Indonesien.

In kaum einer anderen Branche wird das Thema Sicherheit höher gewichtet als im Luftverkehr. „Safety first lautet der Grundgedanke der Luftfahrt“, sagt Jan-Arwed Richter vom Hamburger Flugsicherheitsbüro Jacdec („Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre“). Auch wenn so kurz nach dem Unglück eine Einschätzung nur spekulativ sein kann, meint der Unfallforscher: „Angesichts von mehr als 350 Toten innerhalb von vier Monaten mit dem gleichen Flugzeugtyp ist es aus meiner Sicht überfällig, jetzt schnellstens genaueste Erkenntnisse darüber zu bekommen, ob es an der Technik gelegen hat.“

Das sehen die Luftfahrtbehörden in China und Indonesien ähnlich, sie erteilten dem Flugzeugtyp vorerst ein Flugverbot. Auch die Fluggesellschaften Ethiopian, Mongolian und Royal Air Maroc lassen ihre Max-Maschinen am Boden. US-Fluglinien wie United und Southwest wollen ihre Jets hingegen weiter starten lassen – ebenso der norwegische Billigflieger Norwegian, der bisher größte Max-Betreiber in Europa. Entscheidungen der Behörden in den wichtigen Regionen USA und Europa stehen noch aus.

Der US-Konzern erklärte gestern, es gebe nach bisherigem Kenntnis­stand keine Grundlage für neue Anweisungen an die Betreiber des Flugzeugtyps. „Sicherheit ist unsere oberste Priorität“, teilte Boeing mit.

Die Vereinigung Cockpit hält die Flugverbote für übertrieben. Es gebe noch keinen Beleg, dass es ein ähnliches Problem wie beim Absturz der indonesischen Maschine gegeben haben könnte, sagt ein Sprecher der Pilotengewerkschaft. Der weltgrößte Reisekonzern Tui prüft noch, was zu tun ist. Zu seiner Flotte gehören bereits 15 Jets dieses Typs, die in Großbritannien und den Benelux-Staaten im Einsatz sind. Bei der deutschen Tochter Tuifly steht die Einführung Mitte April an.

Für den weltgrößten Flugzeugbauer Boeing ist die seit dem Jahr 2017 ausgelieferte 737-Max-Reihe der Verkaufsschlager schlechthin. Sie ist eine Weiterentwicklung des seit Mitte der 1960er Jahre gebauten Mittelstreckenjets 737, dem meistproduzierten Verkehrsflugzeug der Welt. Die 737 gilt als extrem zuverlässig. Um gestiegenen Anforderungen des Luftverkehrs gerecht zu werden, wurde der zweistrahlige Jet immer wieder modernisiert. Auch unter dem Eindruck des Erfolgs des Konkurrenten Airbus versuchte Boeing, das Grundmodell bis an die Grenzen des Machbaren anzupassen. Bei den Max-Versionen wurden – analog zum Konkurrenten Airbus mit seinem Modell A320neo – vor allem sparsamere und größere Triebwerke unter den Tragflächen angebracht. Sie ragen bei Boeing aber weiter als bei anderen Versionen nach vorn und erschweren den Piloten in bestimmten Fluglagen die Kontrolle über die Maschine. Daher wurde eine Steuerungssoftware angepasst – sie greift nun stärker ein. Seit dem Lion-Air-Unglück steht sie in Verdacht, zumindest ein Teil der Unglückskette gewesen zu sein. Ob es diesmal so war, soll die Auswertung der gefundenen Blackbox ergeben.

Als verstörend wertet Experte Richter aber schon jetzt den Hinweis in Fachforen auf einen nach der Unglücksmaschine gestarteten Piloten, der die letzten Funksprüche aus der abgestürzten Boeing mitgehört haben soll. Richter sagt: „Der Unglückspilot meldete demnach Probleme mit der Fluggeschwindigkeit – was vom Muster her Parallelen aufdrängt zum Lion-Air-Flug.“

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