"Schlecht vorbereitet und völlig überfordert"
Paris. Die Luftfahrtsprache nennt sie PF und PNF, den fliegenden und den nicht fliegenden Piloten. Diese beiden Männer sollen laut dem dritten Untersuchungsbericht der französischen Luftfahrtermittlungsbehörde eine Reihe von Fehlern gemacht und so den Absturz des Air-France-Fluges 447 mit 228 Menschen an Bord vor gut zwei Jahren im Atlantik verursacht haben
Paris. Die Luftfahrtsprache nennt sie PF und PNF, den fliegenden und den nicht fliegenden Piloten. Diese beiden Männer sollen laut dem dritten Untersuchungsbericht der französischen Luftfahrtermittlungsbehörde eine Reihe von Fehlern gemacht und so den Absturz des Air-France-Fluges 447 mit 228 Menschen an Bord vor gut zwei Jahren im Atlantik verursacht haben. Doch die Angehörigen der Opfer, darunter 28 Deutsche, sind mit dieser Deutung nicht zufrieden. "Die Piloten sind nicht mehr da, es ist leicht, sie anzuklagen", sagte der Vorsitzende der französischen Opfervereinigung, Robert Soulas.Dass sich die Ermittlungen der BEA vor allem gegen die Cockpitbesatzung richten, war schon seit Ende Mai klar. Damals hatte die Behörde bereits bekanntgegeben, dass der Flugkapitän zu Beginn der Turbulenzen um zwei Uhr nachts ein Nickerchen machte. Laut BEA hatte er sich ohne klare Anweisungen aus dem Cockpit verabschiedet. "In zwei Minuten dürften wir in eine Zone geraten, in der es ein wenig turbulenter zugehen wird als im Moment", berichtete sein Ersatzmann um 2.06 Uhr der Besatzung. Schon vier Minuten später schaltete sich der Autopilot ab und der Ko-Pilot übernahm die Steuerung. Dabei konnte er sich allerdings nicht mehr auf die Geschwindigkeitsmesser verlassen, die nach einer Vereisung der Sensoren ausgefallen waren. Doch für eine solche Extremsituation fehlte es dem Mittdreißiger wie auch dem zweiten Ko-Piloten an der richtigen Ausbildung. Das so genannte IAS-Verfahren, das beim Ausfall der Geschwindigkeitsmessung in immerhin 11 500 Metern Flughöhe greift, hatten die beiden Ko-Piloten nie gelernt. Auch mit dem sogenannten Überzieh-Alarm, der 54 Sekunden lang den für das Flugzeug so gefährlichen Strömungsabriss ankündigte, konnte die Cockpit-Besatzung nichts anfangen. "Keiner der Piloten hat die Überzieh-Situation formell erkannt", erklärte die BEA. Die Passagiere saßen in Todesangst in ihren Sitzen, während die Maschine um bis zu 40 Grad hin und her schwankte. Die Angehörigen der Opfer sehen jedoch hinter der Schuldzuweisung an die Ko-Piloten handfeste wirtschaftliche Interessen.
Es sei "sehr verdächtig", dass schon bald nach dem Fund der Flugschreiber Anfang Mai die Cockpit-Besatzung ins Visier genommen worden sei. Denn Air France-KLM, an der der französische Staat mit rund 15 Prozent beteiligt ist, und der europäische Flugzeugbauer Airbus, der seinen Sitz im südfranzösischen Toulouse hat, gehören zu den französischen Vorzeigeunternehmen und haben einen Ruf zu verlieren. Auch ein weiteres französisches Unternehmen ist im Zusammenhang mit dem Unglück in die Schlagzeilen geraten: der Thales-Konzern, der die vereisten Geschwindigkeitsmesser baute. Die deutschen Opferangehörigen brachten erneut die Probleme mit diesen sogenannten Pitot-Sonden zur Sprache.