Schettino gibt sich offensiv

Grosseto/Rom. Er kam durch einen Nebeneingang, lange vor dem offiziellen Beginn der Beweisaufnahme. In einem dunklen Anzug und mit Schlips nahm Unglückskapitän Francesco Schettino (52) bei seinen Anwälten Platz. "Ich will mich offen zeigen", hatte er kurz vor der Anreise zum Justiztermin im toskanischen Grosseto gesagt

Grosseto/Rom. Er kam durch einen Nebeneingang, lange vor dem offiziellen Beginn der Beweisaufnahme. In einem dunklen Anzug und mit Schlips nahm Unglückskapitän Francesco Schettino (52) bei seinen Anwälten Platz. "Ich will mich offen zeigen", hatte er kurz vor der Anreise zum Justiztermin im toskanischen Grosseto gesagt. Es geht dabei vor allem um die gespeicherten Daten, die erklären sollen, was sich bei der Havarie seines Kreuzfahrtschiffes abgespielt hat, und um ein Gutachten.Das Bild des braun gebrannten Italieners war um die Welt gegangen. Schettino hatte den dramatischen Schiffbruch der "Costa Concordia" am Abend des 13. Januar erst heruntergespielt und das Schiff dann noch während der Evakuierung verlassen. Er würde dieses Bild gerne ausradieren. Auch seine Entlassung durch die Reederei will er nicht hinnehmen. Er habe korrekt gehandelt, gibt er sich offensiv.

Der Beweissicherungstermin zieht Hunderte Anwälte, Gutachter und Vertreter von Zivilklägern in die Stadt. Dabei ist der richtige Prozess, bei dem es um den Tod von 32 Menschen und um ungeheuren Sachschaden geht, noch gar nicht absehbar. Italiens Justiz braucht für derartige Verfahren viel Zeit.

Zunächst galt die Aufmerksamkeit also dem damaligen Kapitän. Ihm hatten die Medien im Januar bescheinigt, alles andere als eine gute Figur - gemacht zu haben. Jetzt wollte der Italiener erstmals einigen Schiffbrüchigen vom Januar ins Auge sehen.

Dazu bot sich ihm sofort die Gelegenheit: Noch vor dem Termin kam ein Passagier der dramatischen Januar-Nacht auf ihn zu. Er schüttelte ihm die Hand und wechselte einige Wort mit ihm, wie die Nachrichtenagentur Ansa erfuhr. "Die Wahrheit muss ermittelt werden", soll er dem Überlebenden gesagt haben. In der Anhörung konzentriert und angespannt, zeigte sich der Kapitän in einer Pause locker und lächelnd im Gespräch.

Das 270 Seiten dicke Gutachten weist auf einen Strauß von Mängeln auf dem Schiff hin, die beileibe nicht nur den Kapitän betreffen.

Weiterhin erregt Schettino jedoch die Gemüter. "Er hat zweifellos Anteil an der Schuld, er hätte den Kurs des Schiffes nicht verändern dürfen", empörte sich ein überlebendes Ehepaar darüber, dass sich der Ex-Kapitän in den Monaten danach eher frech und nicht demütig geäußert habe. Andere Passagiere und Anwälte machen auch die Reederei mitverantwortlich. Immerhin ist in dem Gutachten von Schlamperei, Mängeln und Sprachverwirrung an Bord die Rede.

Setzt die Großveranstaltung in dieser Woche neue Akzente, gibt es neue Erkenntnisse über den Hergang? Der leitende Staatsanwalt möchte die Ermittlungen jedenfalls gerne bis zum Jahresende abschließen. Damit wäre ein Prozess schon im Jahr 2013 möglich.

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